Neues aus dem Weltraumlabor: Columbus in Betrieb

Nach über 20 Jahren Werkeln am europäischen Weltraumlabor ist es so weit: Am Dienstag wurde Columbus in Betrieb genommen. Mit an Bord ist der deutsche Astronaut Hans Schlegel.

Wackeliges Manöver: Hans Schlegel in der Columbus. Bild: reuters

Es muss ein faszinierender Moment gewesen sein: Die beiden NASA-Astronauten Leopold Eyharts aus Frankreich und Hans Schlegel aus Deutschland haben gestern zum ersten Mal das fertig montierte Weltraumlabor Columbus der europäischen Raumfahrtagentur ESA betreten und angeschaltet. Der neueste Anbau der internationalen Raumstation ISS hat eine wahre Odyssee hinter sich: Seit 1984 wird das Projekt nun schon offiziell verfolgt.

Im Sommer war das Modul erst fertig geworden, nachdem der ursprüngliche Montagetermin 2002 nicht eingehalten werden konnte. Und in den letzten Monaten seit dem Winterbeginn wurde es erneut spannend um die Experimentiereinrichtung: Gleich mehrfach musste die NASA den Aufbruch der 10 Tonnen schweren Anlage (ohne Nutzlast) an Bord des Space Shuttle Atlantis verschieben. Doch in den letzten Tagen ging endlich (fast) alles glatt. "Wir sind sehr stolz", gab Schlegel an die Bodenstation durch.

"Es gab überhaupt keine Probleme. Die grundlegende Stromversorgung läuft, die Beleuchtung und auch das Computersystem", gab ESA-Manager Alan Thirkettle stolz vor der Presse bekannt. Als nächstes müsse nun die vollständige Aktivierung des Moduls erfolgen, damit die Besatzung ihre Masken abnehmen könne. Eyharts war gestern Nachmittag in das zunächst noch brachliegende Modul hinein geschwebt und hatte sich das Innenleben näher angesehen. Dabei sei es zu keinerlei Schwierigkeiten gekommen, hieß es von der ESA. Auch ISS-Kommandeurin Peggy Whitson hat sich das Labor schon von Innen angesehen. Die Astronauten verbrachten anschließend Stunden damit, die grundlegenden Leitungen für Steuerung, Datenübertragung und Lebenserhalten an das Verbindungsstück "Harmony" anzuschließen.

Schlegel, der seinen ersten Weltraumausflug aus medizinischen Gründen verpasst hatte, werde nun am zweiten "Space Walk" teilnehmen, bei dem am Mittwoch weitere Montagearbeiten an Kühlungssystemen und Tanks vorgenommen werden sollen, sagte Thirkettle. Was Schlegel genau plagte, wollte der jedoch noch immer nicht sagen, auch NASA und ESA blieben stumm. "Medizinische Probleme sind Privatsache", hieß es von dem 56-Jährigen nur, der bereits zum zweiten Mal im All ist und der Bodenstation nun wieder als vollständig fit gilt. Insgesamt mehr als sechs Stunden hatte das Entnehmen von Columbus aus der Ladebucht der Atlantis und das anschließende Anbringen des Moduls an der ISS gedauert. Dabei kamen statt Schlegel seine US-Kollegen Rex Walheim und Stanley Love zu einem schweißtreibenden Einsatz.

Bis die Experimentiereinheit wirklich genutzt werden kann, werden allerdings noch einige Tage vergehen. Dann steht Platz für insgesamt drei gleichzeitig forschende Astronauten und diverse Einschübe für wissenschaftliche Studien zur Verfügung, die bis zu 500 Kilogramm pro Stück tragen. 1,3 Milliarden Euro hat Columbus schließlich gekostet, Deutschland trug knapp 40 Prozent des Entwicklungsbudgets. Das zylindrische Forschungsmodul hat einen Durchmesser von knapp viereinhalb Metern und ist insgesamt sieben Meter lang. Neben viel Grundlagenforschung sollen in der an Bord der ISS herrschenden Mikrogravitation auch Versuche durchgeführt werden, die zu konkreten neuen Produkten führen könnten. Columbus ist im Vergleich zu den bisherigen Forschungsplätzen in der ISS geradezu luxuriös. Die Wissenschaft erhofft sich spannende Erkenntnisse.

Mit dem Weltraumlabor ist Europa nun auch mit einem eigenen, bedeutenden Modul an der ISS beteiligt, auf der bislang vor allem die USA und Russland den Ton angeben. Kein Wunder, dass sich ESA-Mann Thirkettle bereits am Montag über einen "großartigen Tag für Europa und seine Industrie" freute. Allerdings bekommt Columbus bald Konkurrenz. Der japanische Teil der ISS, Kibo, soll noch mehr Forschungsmöglichkeiten bieten und bis 2009 angedockt werden. Das Modul soll sogar einen Roboterarm besitzen und die Möglichkeit bieten, Experimentierbereiche direkt dem Weltraum auszusetzen. Wenn Columbus ein Indikator ist, ist aber auch beim ersten asiatischen Teil damit zu rechnen, dass nicht immer alles glatt gehen kann.

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