Todesfall in Polizeigewahrsam: In der Zelle kollabiert

In Delmenhorst ist ein 19-Jähriger nach einer Polizeikontrolle gestorben. Polizei spricht von tragischem Unglücksfall, aber es gibt Zweifel.

Polizeijacke mit Niedersachsenwappen

Warum der 19-Jährige in Polizeigewahrsam starb, soll die Obduktion klären Foto: Hauke-Christian Dittrich/dpa

HANNOVER taz | Am Freitagabend ist ein 19-jähriger in einer Zelle des Polizeireviers Delmenhorst kollabiert und später im Krankenhaus verstorben. Qosay K. war zuvor in einem Park nach einer Kontrolle von der Polizei festgenommen worden. Kommentare in einer lokalen Facebookgruppe werfen Fragen an der Darstellung der Polizei auf.

Laut einer Pressemitteilung der Polizei Oldenburg kontrollierten am Freitagabend gegen 18:30 Uhr zwei Zi­vil­po­li­zis­t*in­nen Qosay K. und einen Freund im Wollepark im Zentrum der niedersächsischen Kleinstadt. Mutmaßlich sollen die zwei jungen Männer Betäubungsmittel konsumiert haben. Als der 19-Jährige Qosay K. weggerannt sei, sei es zu einem Handgemenge und dem Einsatz von Pfefferspray durch die Polizei gekommen.

Von der Polizei heißt es, Qosay K. habe einem Beamten mit der Faust gegen den Kopf geschlagen und sei erst mit dem Eintreffen eines zweiten Beamten überwältigt und fixiert worden. Von hinzugerufenen Sa­ni­tä­te­r*in­nen habe er nicht behandelt werden wollen. In einer Gewahrsamszelle soll er dann gegen 20 Uhr, als er auf eine richterlich angeordnete Blutentnahme gewartet habe, das Bewusstsein verloren haben.

Be­am­t*in­nen bemerkten dies durch das Videoüberwachungssystem. Notfallmaßnahmen seien eingeleitet worden. Von einem „kritischem Zustand“ war die Rede. Später verstarb Qosay K. dann im Krankenhaus. Die Todesursache ist noch ungeklärt. Eine Obduktion ist angeordnet und soll in den kommenden Tagen durchgeführt werden.

Rassistische Hetzkommentare

Die Familie trauert um den 19-Jährigen und will sich zunächst nicht öffentlich äußern. Auch der Anwalt der Familie und des zweiten Betroffenen war telefonisch bis Redaktionsschluss nicht erreichbar. Von Freun­d*in­nen der Familie heißt es, in den kommenden Tagen würden weitere Informationen folgen. Marwin O., ein Freund von Qosay K. kann die Ereignisse kaum in Worte fassen. Er halte sich fest daran, dass Qosay K. ein guter Mensch gewesen sei und behalte positive Erinnerungen.

Ilyas Yanc, der zweite Vorsitzende der Yezidischen Gemeinde Niedersachsen hat sich in einem Facebookvideo geäußert und drückt darin seine tiefe Anteilnahme aus. Qosay K. gehörte der Gemeinde an. Yanc richtet sich zudem mit der Bitte an Mit­glie­der, keine weiteren Spekulationen in die Welt zu setzen und auf den Rechtsstaat zu vertrauen.

In einer lokalen Facebookgruppe trauern Freun­d*in­nen um den Verstorbenen und teilen ein Portraitfoto. Es folgten Beileidsbekundungen und auch rassistische Hasskommentare. Der Hergang der Geschehnisse und die Darstellung durch die Polizei werden von den Nut­ze­r*in­nen diskutiert.

So schreibt die Schwester des zweiten von der Kontrolle betroffenen jungen Mannes, der habe die Vorgänge ganz anders als die Polizei geschildert. Qosay K. habe die ärztliche Notversorgung nicht abgelehnt, sondern die Sa­ni­tä­te­r*in­nen hätten behauptet, er schauspielere. Mittlerweile wurden die Kommentare gelöscht. Von anderen Nut­ze­r*in­nen wird vermutet, dass die Polizei bei der Kontrolle übermäßig Gewalt eingesetzt habe.

Die weiteren Ermittlungen soll aus Neutralitätsgründen die Polizeiinspektion Oldenburg Stadt übernehmen. Die Staatsanwaltschaft Oldenburg wollte auf Nachfrage der taz den Namen des Opfers nicht bestätigen und sich nicht weiter zu dem Fall äußern. Weitere Informationen über die Geschehnisse, die die Polizei einen „tragischen Unglücksfall“ nennt, werde es erst geben, wenn die Ergebnisse der Obduktion vorliegen, heißt es von der Polizeipressestelle.

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