Streik bei der Arbeiterwohlfahrt: Die Lohnlücke schließen

AWO-Angestellte streiken für die Angleichung ihrer Löhne an den öffentlichen Dienst. Verdi fordert Entgegenkommen vom Arbeitgeber und dem Senat.

Während eines Protestmarsches der streikenden Arbeiterwohlfahrt- (Awo) Beschäftigten am 16.10.2012 in Recklinghausen (Nordrhein-Westfalen) sind die Aufschriften "Streik" und "Verdi" auf Regencapes zu sehen

Gerade in Zeiten der Inflation ist Streiken eine Notwendigkeit (Archivbild) Foto: dpa

BERLIN taz | Die Spirale aus Personalmangel und Überlastung setzt Er­zie­he­r:in­nen und So­zi­al­ar­bei­te­r:in­nen in Berlin zunehmend unter Druck. Bei einem Warnstreik der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi zogen deswegen am Mittwochvormittag rund vierhundert Mit­ar­bei­te­r:in­nen der Berliner Arbeiterwohlfahrt (AWO) durch Kreuzberg und forderten eine Angleichung ihrer Löhne an den Tarifvertrag der Länder (TVL). „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“, stand auf den Schildern vieler Streikenden

Die AWO ist mit 2.000 Beschäftigten einer der größten freien Träger in Berlin und betreibt vor allem Kitas und Einrichtungen der Geflüchteten- und Obdachlosenhilfe. Finanziert werden die Angebote wie bei anderen freien Trägern größtenteils vom Senat. Mit insgesamt 100.000 Beschäftigten bezeichnet Verdi die freien Träger als „Rückgrat der sozialen Infrastruktur der Stadt“. Jedoch ist die Bezahlung der Beschäftigten in vielen Fällen deutlich schlechter als die ihrer Kolleg:innen, die direkt beim Senat oder den Bezirken beschäftigt sind.

„Viele Kol­le­g:in­nen wechseln schon nach wenigen Monaten den Job, weil sie woanders eine besser bezahlte Stelle finden“, berichtet Vanessa Nielsen, die als Erzieherin in einer Kita arbeitet und heute für den Warnstreik auf die Straße geht. Von den insgesamt elf Stellen seien derzeit drei unbesetzt, die Folge seien Überlastung und Überstunden. „Man hat kaum noch Zeit für die Kinder“, sagt Nielsen.

Nach Verdi Angaben beträgt der Lohnunterschied zum öffentlichen Dienst bei der AWO derzeit fünf Prozent. Da aber im TVL ebenfalls Tarifverhandlungen anstehen, fordert Verdi 13,5 Prozent mehr Lohn und Inflationsausgleichszahlungen in vergleichbarer Höhe zum öffentlichen Dienst, um den Abstand auszugleichen. Nach der letzten Verhandlungsrunde am 23. Juni setzte die AWO die Verhandlungen allerdings aus.

„Wir würden gerne unseren Mitarbeitenden 100 Prozent TVL zahlen“, sagt AWO-Sprecher Markus Galle der taz, doch dafür bräuchte es zunächst feste Finanzierungszusagen vom Senat. „Als Arbeitgeber haben wir die Verpflichtung, gute Gehälter zu zahlen, aber auch wirtschaftlich zu sein.“

Tatsächlich sind die freien Träger in erster Linie abhängig von der Finanzierung des Senats, und die beträgt derzeit nur 95 Prozent der Summe, mit der vergleichbare Landesangebote finanziert werden. So schieben sich die Senatsverwaltung für Soziales und die freien Träger gegenseitig die Verantwortung zu.

Verdi-Verhandler Ivo Garbe fordert hingegen die AWO auf, sich nicht hinter der Senatsverwaltung zu verstecken. Im neuen Haushalt stünden genügend Mittel bereit, um auch die höheren Löhne der freien Träger zu finanzieren. „Das ist ein klares Signal an den Arbeitgeber, sich wieder an den Verhandlungstisch zu setzen“, sagt Garbe.

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