Gesetzesentwurf für Sondervermögen: Mehr Dampf fürs Klima

Der Senat hat sein Gesetz für das milliardenschwere Klimaschutz-Sondervermögen vorgelegt. Was konkret dabei herauskommt, weiß niemand genau.

Rauch steigt aus einem Schornstein

Entscheidend ist, was oben rauskommt: wie hier beim Heizkraftwerk Mitte Foto: Imago

BERLIN taz | Wo stünde Berlin beim Klimaschutz ohne den Krieg in der Ukraine? Die Frage klingt absurd, drängt sich aber nach der Vorstellung des milliardenschweren Sondervermögens „Klimaschutz, Resilienz und Transformation“ durch Finanzsenator Stefan Evers (CDU) am Dienstag auf. „Der Schock und die Folgen des Ukrainekrieges haben die energie­politische Lage drastisch verschärft“, heißt es in der im Anschluss an die Senatssitzung veröffentlichten Pressmitteilung.

Evers erläuterte, der Krieg sei ein „außergewöhnlicher Faktor“, durch den sich eine spezifische Notlage für das Land Berlin ergebe. Nur durch die bringe man das Sondervermögen – also eine massive Kreditaufnahme – in Einklang mit der Schuldenbremse und der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts.

Die Logik liegt darin, dass das Land mit den vorerst 5 Milliarden Euro des Sondervermögens Maßnahmen finanzieren soll, die angesichts der volatilen Preise für Strom und Wärme aus fossilen Quellen „helfen, Energie einzusparen und beschleunigt auf regenerative CO2-neutrale Energiequellen zu setzen“. Natürlich bezog sich Evers bei seinem Eingangsstatement auch auf die „gewaltige Herausforderung“ des Klimawandels, die zu stemmen sei – gerade erst habe die Nasa den aktuellen Monat als heißesten seit Beginn aller Aufzeichnungen eingeordnet, merkte er an.

Das in den Koalitionsverhandlungen zwischen CDU und SPD vereinbarte Sondervermögen, für das der Senat nun einen Gesetzentwurf ins parlamentarische Verfahren einbringt, soll bei Ausschöpfung bis Ende 2026 vom Abgeordnetenhaus auf 10 Milliarden Euro erweitert werden können.

Wofür genau das ganze Geld ausgegeben werden soll und wie sich diese Finanzierung von den regulären Haushalten abgrenzt, ist noch relativ vage definiert: Alles, was die vier vom Senat am Dienstag aufgezählten „Maßnahmenfelder“ – Gebäude, Energieerzeugung, Mobilität und Transformation der Wirtschaft – enthalten, ist in der einen oder anderen Form schon jetzt Teil der Agenda. Das reicht von der energetischen Fassadensanierung über den Infrastrukturausbau für die Wärmewende bis zur „Verbesserung der Angebotsqualität und Attraktivität des ÖPNV“.

Nur „grobe Schlagwörter“

Mehr als „grobe inhaltliche Schlagwörter“ seien das nicht, kritisierte im Anschluss Linken-Fraktionschef Carsten Schatz, manches wie etwa die „Schwammstadtstrategie“, fehle gänzlich in der Aufzählung. Aus der Finanzverwaltung hieß es auf taz-Anfrage aber, es würden „keine Maßnahmen finanziert, die bereits im Haushalt oder in der Investitionsplanung verankert sind“. Das sei rechtlich gar nicht zulässig.

Dass es trotzdem juristische Schritte gegen das Sondervermögen geben könnte, schloss Evers allerdings nicht aus, wobei er sich von der Rechtssicherheit des Instruments überzeugt gab. Möglich sei etwa eine Normenkontrollklage beim Bundesverfassungsgericht, wenn diese von einem Viertel der Abgeordneten unterstützt werde. Die ausstehende Entscheidung des Gerichts zur Rechtmäßigkeit des „Klima- und Transforma­tionsfonds“ des Bundes, in den nicht benötigte Coronamittel eingeflossen sind, solle das Parlament in jedem Fall abwarten.

Ausgehandelt und priorisiert werden soll die Verteilung in einem Lenkungsausschuss. Entschieden wird aber vom Abgeordnetenhaus, konkret: dem Hauptausschuss. „Das geht deutlich über das Maß an parlamentarischer Kontrolle hinaus, der Sondervermögen in anderen Bundesländern unterliegen“, so Evers. Der Senat habe hier das „Rad nicht neu erfunden“: Das 2019 erlassene Siwana-Sondervermögen zur Finanzierung von Infra­strukturprojekten besitze „dieselbe Architektur“. Er gehe davon aus, dass der Hauptausschuss mit den Senatsbeschlüssen zum Sonder­vermögen „sehr effizient und schnell umzugehen weiß“, so der Senator.

Unklar, wofür das Geld am Ende ausgegeben wird

In einer ersten Reaktion nannte der Sprecher von Fridays for Future Berlin, Pit Terjung, es „zunächst einmal begrüßenswert“, dass sich der Senat „dazu durchgerungen“ habe, Geld für Klimaschutz in die Hand zu nehmen. Die geplanten 5 Milliarden reichten jedoch „bei Weitem nicht für die gewaltigen Aufgaben, vor denen Berlin steht“.

Außerdem sei unklar, wofür das Geld am Ende ausgegeben werde: „Dass in Regierungskreisen Forderungen im Raum standen, mit dem Geld für Klimaschutz einen Neubau des Hertha-Stadions zu finanzieren, wirft ein düsteres Licht auf die klimapolitischen Ambitionen dieser Regierung“, so Terjung. Er forderte, das Geld dort zu investieren, wo es Menschen mit geringem Einkommen zugutekomme – etwa bei energetischen Sanierungen.

Dass die aus dem Sondervermögen getätigten Investitionen keine soziale Schieflage haben dürften, fordert auch Jessamine Davis von Klimaneustart Berlin. Es dürften nicht große Konzerne entlastet werden, während Haushalte unter den steigenden Kosten litten. Davis sagte, die Investitionen würden auch eher mittel- bis langfristig klimawirksam. Es müsse aber auch kurzfristige Emissionssenkungen geben. „Daher bedarf es parallel weiterer ordnungspolitischer Maßnahmen, die schnell wirken, etwa im Verkehr.“

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.