Angriffe auf Moskau: Russlands Drohnenprobleme

Erneut haben Drohnen die Hauptstadt Moskau getroffen. Nun stellt sich die Frage: Warum ist die russische Flugabwehr anscheinend so schlecht?

Erstversorger in der Rückansicht schauen auf ein verglastes Hochhaus

Erstversorger begutachten den Oko-2-Turm in Moskau nach dem Drohnenangriff Foto: Itar-Tass/imago

BERLIN taz | Flammen, die aus Gebäuden schlagen, verkohlte Reste von Kriegsgerät, das Straßenreinigungskräfte eilig zusammen kehren – die Bilder häufen sich: Drohnen, aus der Ukraine abgeschossen, die Ziele in Russland getroffen haben. Und das nicht an der Peripherie oder der Grenze zur Ukraine. Auch zentrale Orte in der Hauptstadt Moskau sind immer öfter betroffen.

In der Nacht zu Sonntag waren mehrere Drohnen auf das Geschäftsviertel „Moskau-City“ niedergegangen. Dabei wurden der Turm „Oko-2“ sowie ein Wolkenkratzer beschädigt. In diesen Gebäuden sind unter anderem auch Büroräume zweier russischer Ministerien untergebracht: des Ministeriums für Industrie und Handel sowie für wirtschaftliche und digitale Entwicklung.

Moskaus Bürgermeister Sergei Sobjanin schrieb auf seinem Telegram-Kanal von unerheblichen Schäden an den Fassaden. Tote und Verletzte habe es nicht gegeben. Die staatliche Nachrichtenagentur Tass sprach hingegen von einem verletzten Wachmann.

Am Montag gab Kremlsprecher Dmitri Peskow eine Stellungnahme zu den Ereignissen ab. Das Kyjiwer Regime habe keine Erfolge und sei in einer sehr, sehr schwierigen Situation. Die Gegenoffensive funktioniere nicht so, wie es beabsichtigt gewesen sei, zitiert die staatliche Nachrichtenagentur Interfax Peskow.

Kreml spielt Angriffe herunter

„Es ist offensichtlich, dass auch die milliardenschweren Ressourcen, die von den Nato-Staaten an das Kyjiwer Regime gezahlt wurden, ineffizient und ziellos ausgegeben werden. Das wirft auch in westlichen Hauptstädten große Fragen auf und stößt bei westlichen Steuerzahlern auf großes Unbehagen“, so Peskow weiter.

Das Vorgehen Kyjiws komme Akten der Verzweiflung gleich. Kyjiw greife auf terroristische Taktiken zurück. Es handele sich um Terroranschläge, die sich gegen­ zivile Ziele richteten. Das sei abscheulich, aber man werde den Kampf fortsetzen.

Zu den jüngsten Drohnen­angriffen hatte sich auch der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski am Sonntag in seiner allabendlichen Videoansprache geäußert. „Allmählich kehrt der Krieg auf das Territorium Russlands zurück – an seine symbolischen Zentren und Militärstützpunkte“, sagte Selenski.

Doch nicht nur Moskau war am vergangenen Wochenende Ziel von Drohnenattacken. So ist, laut dem Gouverneur der Region Brjansk, Alexander Bogomaz, bei einem Angriff in der Nacht zu Montag eine regionale Polizeidienststelle getroffen und beschädigt worden. Verluste habe es keine gegeben, schrieb er auf seinem Telegram-Kanal.

Drohnen für Russland nur schwer zu erkennen

Laut dem Gouverneur des Gebietes Rostow, Wassili Golubew, ist ein unbemanntes Luftfahrzeug auf einen Bauernhof in der Nähe der südrussischen Hafenstadt Taganrog gestürzt. Dadurch seien das Dach eines Privathauses und ein Auto beschädigt worden. Verletzte habe es nicht gegeben, so Golubew.

Am Montag teilte Astra, ein Webportal unabhängiger russischer Journalist*innen, auf Telegram unter Berufung auf lokale Rettungskräfte mit, dass besagte Drohne dem russischen Verteidigungsministerium zuzuordnen sei.

Laut Igor Romanenko, ehemaliger Vizechef der ukrainischen Streitkräfte und Generalleutnant a. D., ist es für Russland trotz Luftabwehranlagen vor allem in Moskau extrem schwierig, Drohnen abzufangen. Diese seien während des Fluges sehr schwer zu erkennen: Grund dafür seien nicht nur die Hochhäuser in der russischen Hauptstadt, sondern auch bestimmte Materialien, die Drohnen für Radargeräte nahezu unsichtbar machten. Für ihre Berechnungen hätten Flugabwehrsysteme nur ein paar Sekunden Zeit, um die Drohne zu erkennen und auf sie zu schießen, sagte er in einem Interview mit dem russischsprachigen Nachrichtenportal Nastojaschee vremja.

Den Umstand, dass die Moskauer Behörden im Gegensatz zur Ukraine nicht durch Luft­alarm vor einem bevorstehenden Drohnenangriff warnten, bezeichnete er als politische Entscheidung. „Sie wollen nicht zugeben, dass wir derartige Möglichkeiten haben. Dies ist die alte Position der Führung der Russischen Föderation“, so Romanenko. Ob sich diese durchhalten lässt, wenn die Drohnenangriffe weitergehen, ist allerdings fraglich.

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