Ein Reh in einem Wald

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Waldsterben in Deutschland:Kranke Bäume retten

Unseren Wäldern geht es schlecht. Dabei brauchen wir sie im Kampf gegen den Klimawandel mehr denn je. Sechs Dinge, die wir jetzt tun können.

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19.8.2023, 18:48  Uhr

Wer in den Schatten eines Waldes tritt, fühlt sich beschützt, umarmt oder auch frei. „Mit Bäumen kann man wie mit Brüdern reden, man tauscht bei ihnen seine Seele um“, schrieb Erich Kästner. Und Wald kann noch so viel mehr als das: Er bildet und speichert Trinkwasser, er bremst Wind und Stark­regen, er schützt den Boden vor Erosion, er kühlt das Land. Und, wichtiger denn je: Er zieht CO2 aus der Luft und speichert es in Form von Kohlenstoff.

Das alles ist in Gefahr, und zwar so richtig. Seit dem Extremsommer 2018 ist es in Deutschland unübersehbar: graue Stellen, wo geschlossenes Grün zu sehen sein sollte. Blattloses, abgestorbenes Holz. Nur noch ein Fünftel aller Bäume hierzulande sind gesund, sagt der Waldzustandsbericht von 2022. Riesige Flächen sterben derzeit vor unseren Augen ab, 400.000 Hektar, 3 Prozent der gesamten Waldfläche Deutschlands, allein in den vergangenen vier Jahren.

Schadensbilanz, je nach Schätzung: zwischen 12 und 15 Milliarden Euro. Und Besserung ist nicht in Sicht, denn alles, was dem Wald schadet, wird durch den Klimawandel schlimmer. Extreme Hitze und Trockenheit plagen unsere Bäume, der Borkenkäfer liebt milde Winter und heiße Sommer.

Es ist wie mit allem, das mit der Klimakrise zu tun hat: Ex­per­t*in­nen streiten darüber, wie nah die Apokalypse ist und wie sie aussehen wird. In einer Sache allerdings herrscht Einigkeit: Der Wald vor unserer Haustür wird sich verändern, und das schon bald. Wie sehr, das hängt stark davon ab, welches Erwärmungsszenario eintritt, und das wiederum davon, wann wir in welchem Ausmaß auf fossile Brennstoffe verzichten.

Wie wir als Gesellschaft mit dem Wald umgehen, zeigt deutlich, wie ernst wir das Wort Nachhaltigkeit nehmen. Förs­te­r*in­nen handeln und planen seit je für die Generationen der Enkel und Urenkel. Für diesen Zeithorizont gibt es heute aber noch nicht einmal Klimaprognosen.

Die Situation ist symbolhaft: Es steht viel auf dem Spiel, und die Unsicherheit ist mindestens so groß wie der Handlungsdruck. Durch das Feld der Wald­­­ex­per­t*in­nen zieht sich ein Graben – schützen oder nützen? Einig ist man sich eigentlich nur darin: Pauschallösungen sind immer falsch. Was also tun? Trotz allem gibt es einige gute Ideen für den Wald – und Menschen, die sie bereits umsetzen.

1. Bäume neu mischen

Vielfalt ist das Gebot der Stunde. Denn was in den letzten Jahren so dramatisch vor unseren Augen stirbt, sind Monokulturen, genauer: Fichten. Picea abies, seit den 1930er Jahren das „Normschwein der Forstwirtschaft“, wie Martin Janner, der Förster des Jahres 2023, es ausdrückt, wächst schnell, lässt sich effizient verarbeiten und brachte lange Zeit maximale Erträge.

Doch das ist vorbei. „Alle Baum­arten, mit denen Waldbesitzer richtig Geld verdienen konnten, sind auf dem absteigenden Ast“, sagt Marc Hanewinkel, Forstökonom an der Universität Freiburg. Und fügt hinzu: „Auch den Kiefern geht es an den Kragen.“ Die finden sich vor allem im Nordosten Deutschlands. Hanewinkel rät daher das, was immer mehr Forst­wir­t*in­nen bereits tun: Monokulturwälder in Mischwald umzubauen.

Förster Martin Janner pflanzt und fördert Baumarten, die wir bislang in unseren Wäldern eher selten sehen. In seinem Revier in Rheinland-Pfalz war es schon immer ein paar Grad wärmer als andernorts, die dortigen Wälder zeigen uns also, wer die Neuen sein könnten: der Ahorn mit seinen fünffingrigen Blättern, die Hain­buche, niedrigere und genügsamere Schwester der heute noch vorherrschenden Rotbuche. Die Elsbeere, bislang noch eine der seltensten Arten in deutschen Wäldern. Die Wildkirsche, die im Frühjahr schaumig blüht. Die Eberesche mit ihren bunten Früchten, die aus Nordamerika stammende Douglasie und die Esskastanie, die schon die Römer über die Alpen brachten.

Das Ganze wächst als Mehrgenerationenwald – weg von den einheitlichen Plantagen aus der Baumschule, die alle im selben Jahr gepflanzt werden. Schon aus betriebswirtschaftlicher Perspektive ist es sinnvoll, Risiken zu streuen. Aus ökologischer Sicht erst recht: „Wir wissen nicht, wie die Bedingungen sich entwickeln und was dann funktioniert“, sagt Forstökonom Marc Hanewinkel, „den einen Superbaum, der alle Probleme löst, gibt es jedenfalls nicht.“

Der Waldumbau ist teuer, das weiß auch die Bundesregierung, die Waldbesitzenden derzeit 900 Millionen Euro zur Verfügung stellt, um ihre Wälder an die Folgen der Klimakrise anzupassen. Mischwälder anzulegen gehört zu den Bedingungen für diese Förderung. Hanewinkel schätzt, dass das Förderprogramm für weniger als 10 Prozent der Schäden reicht. Nicht nur deshalb setzen Forstleute daher, wo immer es geht, auf die sogenannte Naturverjüngung: Sie pflegen und fördern die Bäume, die sich von selbst aussäen und ansiedeln.

2. Die Natur machen lassen

Pierre Ibisch sagt: „Wälder verbessern ihre Bedingungen selbst – wenn wir sie lassen.“ Er ist Direktor des Zentrums für Ökosystemmanagement an der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde. Doch wir haben sie schon seit Langem nicht mehr gelassen. Wirkliche Urwälder git es in Deutschland nicht mehr; was wir als Wald kennen, ist eine Kulturlandschaft – in die mehr oder weniger stark eingegriffen wird.

en Waldpilz

Der Wald­boden filtert Grundwasser, speichert Feuchtigkeit und bietet zahllosen Lebewesen ein Zuhause Foto: ingimage/imago

Wo der Mensch sich zurücknimmt, können sich fein aufeinander abgestimmte Prozesse entfalten. Da können die Bäume groß und stark werden, die mit den aktuellen Bedingungen besonders gut klarkommen. Das tun sie sogar dort noch, wo der worst case bereits eingetreten ist, zum Beispiel durch Waldbrand. „Bloß nicht abräumen“, warnt Jeannette Blumröder vom Forschungsprojekt Pyrophob, „Kahlschlag ist die noch größere Katastrophe – danach kommt gegebenenfalls die Steppe.“

Das Forschungsprojekt untersucht mehrere abgebrannte Flächen in Brandenburg. Einige davon wurden komplett sich selbst überlassen. Auf den Waldbrandflächen bei Treuenbrietzen lässt sich Naturverjüngung in Echtzeit beobachten: „Die Pappeln sind schnell wieder da“, erzählt Blumröder, „die schaffen ein Wohlfühlklima für alles, was danach kommt“. Oft sind das Eichen, ausgesät vom Eichelhäher persönlich. Auch andere Pio­niere wie Birken, Weiden und Kiefern tauchen auf.

Förster Janner freut sich in Rheinland-Pfalz derzeit über ganze elf Baumarten, die sich auf vom Borkenkäfer vernichteten Flächen wieder ansiedeln. „Der Wald zeigt uns gerade seine Kraft!“, sagt Janner. Er setzt auf behutsame Förderung des Nachwuchses. Die jungen Bäume werden von Brombeerranken befreit und vor Wildverbiss geschützt, damit sie kraftvoll loslegen können.

Jeannette Blumröder, Waldökologin, über den Umgang mit dem Wald nach einem Brand

„Bloß nicht abräumen. Kahlschlag ist die noch größere Katastrophe – danach kommt gegebenenfalls die Steppe“

Auch vermeintliches Chaos auszuhalten lohnt sich: Gerade totes Holz, auf dem Waldboden belassen, bietet zahllosen Lebewesen ein Zuhause, zerfällt nach und nach zu Humus und ist so ein wahrer Bodengenerator. Das ist wichtig, denn Waldboden liefert Nährstoffe, pumpt Feuchtigkeit, filtert Grundwasser. Kurzum: Er wirkt sich auf alles aus, was im Wald wächst; je nach Bodenzusammensetzung sehen Wälder völlig unterschiedlich aus.

Versauerung und Stickstoff, aber auch Dünge- und Unkrautvernichtungsmittel, die in den vergangenen Jahrzehnten verwendet wurden, setzen dem Waldboden vielerorts noch heute zu. Das größte Problem dürfte die Verdichtung sein, die der Einsatz der schweren Maschinen mit sich bringt, ohne die die heutige Forstwirtschaft kaum noch denkbar ist. Das Problem: Unterhalb der Fahrspuren entstehen tote Zonen, die keine Verbindung mehr zu den tieferliegenden wasserhaltigen Schichten haben. Solche Verdichtungsschäden sind oft noch Jahrzehnte später deutlich zu sehen, als Schneisen in der Vegetation.

Förster Martin Janner hat sich selbst zur Regel gemacht, zwischen solchen Rückegassen größtmöglichen Abstand zu lassen. Alles, was die Kräne der großen Maschinen dann nicht mehr erreichen, holt er per Seilzug oder auch mit Pferden aus dem Wald, um den Boden zu schonen. Und wenn der Schaden schon da ist? Dann gehe es darum, die richtigen Bäume zu fördern: „Tiefwurzelnde Bäume wie Weißtanne und Stieleiche kämpfen sich durch und sind in der Lage, Boden wieder aufzulockern.“

3. Klüger jagen

Nachwuchs braucht Schutz, das gilt auch für junge Bäume. Denn im Wald, da sind die Feinschmecker unterwegs: Rot- und Damhirsche schätzen ausgerechnet die Schösslinge, von denen wir künftig mehr brauchen – junge Laubbäume. An dieser Stelle sind die Forstleute sich mal einig: Mehr Wald, das geht nur mit weniger Wild.

Über die Jagd zu sprechen ist schwer in Deutschland, danach befragt winken die meisten Ex­per­t*in­nen erschöpft ab. Es sei „ein emotionales Thema“, fasst es der Biologe Pierre Ibisch zusammen, „sehr schwer zu regulieren“. Wild und Wald gehören seit Jahrhunderten zusammen.

Noch heute ist die Jagd vielerorts ein Elitesport, mächtige Männer sprechen übers Geschäft, auf dem Schießstand oder beim Bier danach, entsprechend stark ist die Lobby. Längst nicht alle, aber doch zu viele Jäger helfen den Tieren über den Winter, füttern sie an, schießen lieber auf Hirsche und Rehböcke, weil deren Geweih sich an der Wand gut macht. „Dabei wäre es wichtig, weibliches Wild zu schießen, denn nur so kontrolliert man die Population“, ärgert sich Martin Janner.

Er erzählt von einem Experiment in seinem Forst, das er Jä­ge­r*in­nen gerne zeigt: „Wir haben kleine Stücke Wald eingezäunt, um das Wild fernzuhalten. Die quellen vor Vegetation nur so über, wie Hefeteig. Wir können da nicht mehr durchschauen.“

Janner versucht, Jä­ge­r*in­nen zu sensibilisieren. „Die müssen verstehen, dass ihr Tun eine positive Wirkung auf den Wald haben kann.“ Abschussvorgaben müssten sich am Zustand der Vegetation orientieren. Pierre Ibisch rät dazu, die Jagd zu professionalisieren: „Es ist einfach nicht sinnvoll, dass wir diese sensible Aufgabe Menschen als Freizeitspaß überlassen, die ein paar Kurse belegt haben. Was unsere Wälder brauchen, sind professionelle Wildtiermanager, die das Ökosystem und die Rolle der Pflanzenfresser darin verstehen.“

4. Das Wasser im Wald halten

Die Generation unserer Großeltern grub Rinnen und Gräben, um das Wasser aus dem Wald zu leiten und ihn leichter bewirtschaften zu können. Heute wollen wir das Gegenteil: möglichst viel Wasser im Wald, für die Bäume, aber auch für uns Menschen. Besonders unter alten Laubwäldern, die selbst bei Stark­regen das Wasser sanft auf den Boden leiten, entstehen Grundwasserreservoirs, die wir dringend brauchen. Und so sind die Enkel heute damit beschäftigt, Rohre wieder zu entfernen und Gräben dichtzumachen.

Forstleute werden dabei erfinderisch: Martin Janner lässt in seinem Revier jeden Bagger, den er einsetzt, abseits der Fahrspuren kleine Gruben ausheben, in denen sich das Wasser sammeln kann. Er achtet auch darauf, dass tief- und flachwurzelnde Bäume sich möglichst abwechseln, denn die einen helfen den anderen, sich mit Wasser zu versorgen.

Wichtig ist, den Wald dabei zu unterstützen seine Temperatur möglichst niedrig zu halten: Das Kronendach gilt es geschlossen zu halten, also keine größeren Lücken entstehen zu lassen. Denn wo immer die Sonne direkt auf den Waldboden scheint, erwärmt er sich und trocknet aus.

Totholz ist ein anderer wichtiger Feuchtigkeitsfaktor: Altes Holz wird zum Schwamm, es bindet Feuchtigkeit. Genau wie ein lockerer Boden. Verdichtete Wege und Gassen werden bei Starkregen zu Flüssen, die das Wasser aus dem Wald heraus tragen. Waldmoore zu renaturieren ist eine weitere Maßnahme. In naturnahen Wäldern erledigt einiges davon übrigens der Biber, zum Nulltarif: Er baut Staudämme, wo immer er kann, und bringt das Wasser wieder zum Stehen.

5. Brände früher entdecken

Allein in Brandenburg hat sich die Anzahl der Waldbrände von 2021 auf 2022 verdoppelt. Es ist also eine gute Idee, Wälder möglichst feuerfest zu machen. Da trifft es sich gut, dass viele der oben genannten Veränderungen auch darauf einzahlen.

Feuchtes Totholz am Boden und junges Grün auf den mittleren Etagen kann eine Feuerwalze zwar nicht aufhalten, vermag sie aber immerhin abzumildern. Wenn es dennoch zu einem Brand kommt, geht es darum, ihn möglichst schnell zu löschen. Mit herkömmlichen Methoden werden Brände von oben erkannt, durch Wachtürme oder neuerdings auch Satelliten.

Dieser Text stammt aus der wochentaz. Unserer Wochenzeitung von links! In der wochentaz geht es jede Woche um die Welt, wie sie ist – und wie sie sein könnte. Eine linke Wochenzeitung mit Stimme, Haltung und dem besonderen taz-Blick auf die Welt. Jeden Samstag neu am Kiosk und natürlich im Abo.

Rauchsäulen werden allerdings erst sichtbar, wenn der Waldboden bereits in Flammen steht, das Feuer also schon schwer zu löschen ist. „Die Feuerwehr muss die entscheidende halbe Stunde früher vor Ort sein“, sagt Jürgen Müller.

Mit einem Team hat er ein System zur Ultrafrüherkennung von Waldbränden erarbeitet. Und seine heutige Firma Dryad, benannt nach den guten Waldgeistern der griechischen Antike, hat Sensoren entwickelt, die in drei Meter Höhe an Bäumen angebracht werden. Sie sind auf das Gasgemisch der lokalen Luft geeicht und „erschnüffeln“ jegliche Abweichung. Sobald sich die Gaszusammensetzung ändert, reagieren die Sensoren, melden den Brand an eine Cloud, die wiederum einen Anruf bei der lokalen Feuerwehr auslöst.

„Das Ganze funktioniert solarbetrieben und ist wartungsarm“, sagt Müller. Kostenpunkt: 25.000 Euro als einmalige Investition für 400 Hektar Wald, das sind um die 560 Fußballfelder. Ende des Jahres 2022 wurden die ersten zehntausend Sensoren ausgebracht, etwa 80 Prozent davon gingen ins Ausland, darunter Spanien, Italien, Türkei, die USA, Südkorea und Jordanien.

Aber auch in Deutschland gibt es erste Anwender*innen, so im Harz entlang der Kleinbahnstrecken, wo Funkenflug regelmäßig Brände auslöst. Im Regelfall sind es allerdings achtlos fallengelassene Kippen, die das Feuer im Wald entfachen.

6. Waldinseln wieder ­verbinden

Deutschland ist eines der waldreichsten Länder Europas, etwa ein Drittel der Landesfläche ist von Wald bedeckt. Theoretisch jedenfalls. Denn ein Blick von oben zeigt es deutlich: Unser Wald ist regelrecht zerfressen von Landwirtschaft, Städten, Industriegebieten, Strom­trassen, Autobahnen.

Das ist ein Problem, denn: „Der Wald stirbt von den Rändern her“, sagt ­Pierre Ibisch. Es braucht ein Waldinnenklima – das an warmen Tagen bis zu 8 Grad kühler ist als die umliegende Landschaft –, damit der Wald sich selbst schützen und erhalten kann. Wenn die Waldinseln zu klein sind oder, wie oft der Fall, durch Fuhrwege, Lichtungen und Rückegassen bis zu 20 Prozent baumfrei, kann sich der Wald nicht mehr kühlen. Heißer Wind, der über offene Felder und Flächen fegt und die Landschaft austrocknet, zieht dann einfach durch. „Die Wälder werden gefönt“, so Ibisch.

Was tun? Waldränder sollten wir mit Hecken und schnellwachsenden Hölzern um­geben, „je heißer, desto breiter“, sagt Ibisch, „zehn Meter ist inzwischen wenig, es braucht eine kritische Masse“. Er rät, sehr schnell damit anzufangen. Und sehr genau zu überlegen, wo und zu welchem Zweck wir noch mehr Wald zerstören. „Wir sollten nur noch an den Stellen Schaden anrichten, wo wir das bereits getan haben“, erklärt er. „Die Biosphäre ist irrwitzig dünn, wir müssen uns mal klarmachen, was wir tun. Es ist ein Unding, dass immer noch neue Schneisen durch Wälder genehmigt werden. Warum legen wir zum Beispiel neue Stromleitungen nicht entlang von Autobahnen?“

Eine Chance für solche neuen Herangehensweisen könnte das im Juli verabschiedete „Nature Restauration Law“ der EU sein: Das Gesetz verpflichtet alle EU-Mitgliedstaaten, zerstörte Natur wieder in einen guten ökologischen Zustand zu bringen und so all das zu sichern, was wir zum Leben brauchen: Insekten, die bestäuben, natürliche Ressourcen wie den Wald, saubere Luft und sauberes Wasser.

Im Grunde geht es darum: „defragmentieren“. Und zwar überall dort, wo sich kleine Waldstücke wieder verbinden lassen. Ibisch fordert ein radikales Umdenken, „groß und strukturell! Wir müssten ganz neu über Raumordnung nachdenken. Flächen umwidmen, viel mehr Strukturvielfalt schaffen, weg von diesen riesigen Agrarflächen.“ Als gutes Beispiel nennt er England. Die Trockenheit der letzten Jahre habe dort weniger Schaden angerichtet als hierzulande: „Die haben viele Hecken und Knicks, diese typisch norddeutschen Wall­hecken, und Mauern, die den Wind bremsen. Und an vielen Stellen mehr Bäume in der Landschaft.“

Radikales Umdenken, wie könnte das aussehen? Welcher Landwirt hat schon Lust, das subventionierte Maisfeld gegen Wald einzutauschen, den er erst mal aufforsten und dann auch noch liegen lassen soll? Aber was utopisch klingt, hat bereits einen Namen und ist gesetzlich geregelt. Sogenannte Flurbereinigungen gab und gibt es immer wieder: Ländlicher Besitz kann umverteilt und neu geordnet werden, wenn es der Allgemeinheit dient. Und was gibt es Allgemeindienlicheres als Klimaschutz?

Ein weiterer Hoffnungsschimmer, auch wenn es absurd klingt: Dem Wald geht es heute nicht zum ersten Mal sehr schlecht. Seit dem Mittelalter wurden die Menschen immer holzhungriger, Kahlschlag war die gängige Methode. Mitte des 18. Jahrhunderts war ein Großteil der Wälder hierzulande verwüstet.

Und dann, Mitte des 19. Jahrhunderts, setzte ein Umdenken ein, begannen Menschen den Hebel umzulegen. Die Idee der damals aufkommenden Forstwirtschaft: aufforsten. Weniger Holz entnehmen und nachhaltiger wirtschaften. Für die Generationen, die kommen sollten.

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