Anti-Migrationspolitik in Texas: Mit Stacheldraht und Sägeblättern

Die US-Bundesregierung klagt gegen den Gouverneur von Texas, weil der im Rio Grande messerbewehrte Bojen gegen Mi­gran­t*in­nen anbringen ließ.

Eine Reihe von runden orangefarbenen Bojen treibt im Wasser

Schwimmende Barrikade im Rio Grande. Rechts im Bild ist das kreissägeblattähnliche Metall zu sehen Foto: Eric Gay/ap

BERLIN taz | Eine der umstrittensten Antimigrationsmaßnahmen des konservativen Gouverneurs von Texas, Greg Abbott, wird seit diesem Dienstag vor Gericht verhandelt. Seit Juli schwimmt auf einem gut 300 Meter langen Abschnitt des Rio Grande, der als Grenzfluss die USA und Mexiko trennt, eine Kette orangefarbener Bojen. Zwischen die einzelnen dieser meterdicken Plastikbälle mit Stahlbewehrung sind runde Bleche geklemmt, die aussehen wie Kreissägeblätter und wohl auch genauso scharf sind. Unterhalb der Wasseroberfläche verhindern Netze ein Durchschwimmen.

Gegen diese Barriere, die Menschenrechtsorganisationen längst als „inhuman“ gekennzeichnet haben, klagt nunmehr das Justizministerium der Regierung Biden – wenn auch auf der Grundlage einer bürokratischen Verordnung, nämlich der Bundeszuständigkeit für die Wasserwege.

Aber Abbott hatte nirgendwo um Erlaubnis gebeten, die Barriere an einer flachen Stelle im Fluss nahe der texanischen Kleinstadt Eagle Pass anzubringen. Am Dienstag hörte der zuständige Bundesrichter David Ezra in Austin die Argumente beider Seiten.

Eine sofortige Entscheidung, die Bojen umgehend zu entfernen, wie es die Bundesregierung gefordert hatte, mochte der Richter allerdings nicht fällen. Er forderte beide Seiten auf, bis Freitag ihre Argumente noch einmal schriftlich einzureichen, dann werde er entscheiden, „so schnell ich kann“, sagte Ezra am Dienstag.

Mi­gran­t*in­nen­ab­wehr als Wahlkampfthema

Auch Mexikos Regierung hat gegen die Bojen protestiert – zumal sie zuletzt deutlich auf der mexikanischen Flusshälfte zu sehen waren. Ende letzter Woche schickte Texas einen Bautrupp, um sie wieder Richtung USA zu ziehen.

Gouverneur Greg Abbott ficht all das nicht an. Der erzkonservative Republikaner ist durch zwei Kernthemen national bekannt geworden: seinen Kampf gegen die Abtreibung – Texas war einer der ersten Staaten, die nach der Rücknahme des allgemeinen Rechts auf Abtreibung seine Gesetze radikal verschärften – und eine radikale Antimigrationspolitik.

Seit zwei Jahren schon hat Abbott auch die Gegend rund um die Kleinstadt Eagle Pass militarisiert: Nato-Draht am Flussufer und Kohorten von Nationalgardisten nicht nur aus Texas, sondern auch aus anderen konservativen Bundesstaaten gehen inzwischen selbst jenen An­woh­ne­r*in­nen auf die Nerven, die zunächst Abbotts Politik voll unterstützten, weil ständig Mi­gran­t*in­nen­grup­pen auf der Flucht ihre Grundstücke und Ländereien durchquerten.

Operation „Lone Star“

Vielen geht die Operation „Lone Star“, wie Abbott sie getauft hat, inzwischen deutlich zu weit. Grundstückseigner*innen, die ihre Kooperation zugesichert hatten, schimpfen jetzt, dass die Behörden ihr gesamtes Land in Beschlag genommen haben. Bür­ge­r*in­nen fordern, dass ein Park wieder für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird, der seit Monaten als Gefangenensammelstelle dient.

Für Greg Abbott und die meisten Re­pu­bli­ka­ne­r*in­nen allerdings sind illegale Grenzüberschreitungen und eine zur Schau getragene überzogene Härte eines der wichtigsten Wahlkampfthemen. Der Vorwurf an den Präsidenten Joe Biden, seine angebliche Politik der „offenen Grenzen“ sei fatal für die Sicherheitslage in den USA, gehört zum permanenten Mantra all jener, die bei den Wahlen im November 2024 auf nationaler oder bundesstaatlicher Ebene etwas werden wollen.

Und so gibt sich auch Gouverneur Greg Abbott unversöhnlich. Er habe jedes Recht, Texas gegen die „Invasion“ aus Mexiko zu schützen, sagte er bei einem Pressauftritt am Rio Grande am Dienstag. Unterdessen bleiben die Bojen vorerst im Fluss. An ihnen wurde bereits ein Mann tot aufgefunden.

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