Regionalwahlen in Russland: Peinliche Performance

Die Wahlen in Russland waren eine Farce, doch das kümmert den Kreml nicht: Hauptsache, der Schein wird gewahrt.

Menschen wählen an einer Wahlkabine an einem Auto.

Mobile Wahlkabine im russisch besetzten Mariupol im Gebiet Donetsk Foto: Alexander Ermochenko/reuters

Die sogenannten russischen Regionalwahlen als Realsatire zu bezeichnen, ist noch deutlich untertrieben. Wäre die politische Lage in Russland nicht so niederschmetternd und führte Moskau nicht seit über anderthalb Jahren einen grausamen Krieg gegen die Ukraine – man würde unweigerlich in Gelächter ausbrechen ob der peinlichen Performance des Kreml namens „Urnengang“.

Wieder einmal wurde das gesamte Programm abgespult: Fälschungen, was die Frage nach dem Warum aufwirft. Denn alternative Kandidat*innen, von einzelnen Ausnahmen abgesehen, durften sowieso nicht antreten. Vielfach wussten viele Rus­s*in­nen gar nicht, welche Kan­di­da­t*in­nen sich um welche Posten bewarben – geschweige denn, dass überhaupt eine Abstimmung stattfand.

Doch das alles ficht den Kreml nicht an: Seine Partei Einiges Russland hat gesiegt, das Klassenziel ist erreicht. Auch Moskaus Bürgermeister kam erwartungsgemäß wieder sicher als Erster über die Ziellinie. Dass sich Sergei Sobjanin für die rege Wahlbeteiligung, die mit knapp 50 Prozent immerhin über der vom vorigen Mal lag, bedankte, lässt tief blicken. Aber ein anderer, wesentlich höherer Wert, wäre der Öffentlichkeit wohl kaum zu verkaufen gewesen.

Von besonderer Güte waren wieder einmal die Einlassungen des ehemaligen Präsidenten und Parteichefs von Einiges Russland, Dmitri Medwedew, über die „Wahlen“ in den vier völkerrechtswidrig besetzten ukrainischen Gebieten Cherson, Saporischschja, Luhansk und Donezk. Diese seien ein vollwertiger Teil Russlands geworden. Nun gelinge es, dort normale und legale russische Machtstrukturen aufzubauen. Wie das aussieht, ist bekannt: Unter vorgehaltenen Gewehren, mit noch mehr Druck, Zwang und Gewalt. Schwerste Menschenrechtsverletzungen sind an der Tagesordnung.

Was sagt uns das? Russlands Führung hat erneut einen Offenbarungseid abgelegt. Oder anders gesagt: Der Kaiser ist nackt, nackter geht nicht.

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Geboren 1964, ist seit 1995 Osteuropa-Redakteurin der taz und seit 2011 eine der beiden Chefs der Auslandsredaktion. Sie hat Slawistik und Politikwissenschaft in Hamburg, Paris und St. Petersburg sowie Medien und interkulturelle Kommunikation in Frankfurt/Oder und Sofia studiert. Sie schreibt hin und wieder für das Journal von amnesty international. Bislang meidet sie Facebook und Twitter und weiß auch warum.

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