25 Jahre Lesben und Schwule in der Union: Subversive am richtigen Ort

Der Verband LSU von CDU und CSU feiert Geburtstag. Er hat dazu beigetragen, dass queere Menschen in bürgerlichen Milieus akzeptiert werden.

Menschen mit Fahnen bei einem CSD

Konservative mit Regenbogenfahnen: LSU-Wagen beim CSD in Berlin 2017 Foto: Stefan Zeitz/imago

Sollte einmal eine Chronik zur queeren Politik der Bundesrepublik der Nachwendezeit geschrieben werden, wäre eine Gruppe unbedingt zu nennen, die am Donnerstag ihren 25. Geburtstag feierte: Es ist die LSU, die Lesben und Schwulen in der Union, zu deren Jubiläum sogar Parteichef Friedrich Merz seine Aufwartung macht. Nun mag – von linker Seite – eingewandt werden, das sei die aller­unwichtigste Vereinigung im queeren Politspektrum.

Nur: Wer ist mutiger? Die Linken, die außer sich selbst nie irgendein Publikum erreichen – oder ebenjene Homosexuellen (plus inzwischen einige Transmenschen), die in ihrer konservativen Partei mit allem, nur nicht mit Gratisbeifall zu rechnen hatten?

Eben! Ohne die LSU hätte es für das Projekt „Ehe für alle“, beschlossen 2017 von der letzten Regierung Merkel, ohne Kanzlerinnenzustimmung, aber getragen von relevanten Teilen der Unionsfraktion, keinen Erfolg geben können. Nun gehört es inzwischen zum guten Ton der Queerbewegung, die Ehe für alle, also die Entbiologisierung der zuvor heterosexuell privilegierten Ehe, für einen Fliegenschiss zu halten – was sich andererseits so gar nicht in Einklang bringen lässt mit den politischen Empfindungen der großen Bevölkerungsmehrheit.

Die LSU hat diesen Sinn für das politisch Angemessene und damit Sinnvolle, weil Durchsetzbare, ganz im Sinne von Max Webers Charakterisierung moderner Politik, dessen Trägerinnen* sich auf das Bohren dicker Bretter einzustellen haben. Das macht dieser mittlerweile parteioffizielle Verein seit einem Vierteljahrhundert – und trägt wesentlich dazu bei, dass queere Menschen inzwischen bis in die bürgerlichsten Milieus hinein akzeptiert werden. Wenn man bedenkt, dass gerade die Union von den fünfziger bis in die neunziger Jahre alles an Liberalisierung, Sagbarkeit inklusive, aufzuhalten suchte, war die innerparteiliche Strategie der LSU fulminant erfolgreich.

Jetzt möchte man für sie hoffen, dass Parteichef Merz Lesbisches und Schwules nicht zum karnevalesken Sonderfall der Parteigeschichte erklärt, sondern die Ehe für ein Liebes- und Verantwortungskonstrukt aller erklärt. Die LSU – das waren und sind Subversive an ihrem richtigen Platz.

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Postbote, Möbelverkäufer, Versicherungskartensortierer, Verlagskaufmann in spe, Zeitungsausträger, Autor und Säzzer verschiedener linker Medien, etwa "Arbeiterkampf" und "Moderne Zeiten", Volo bei der taz in Hamburg - seit 1996 in Berlin bei der taz, zunächst in der Meinungsredaktion, dann im Inlandsressort, schließlich Entwicklung und Aufbau des Wochenendmagazin taz mag von 1997 bis 2009. Seither Kurator des taz lab, des taz-Kongresses in Berlin, sonst mit Hingabe Autor und Interview besonders für die taz am Wochenende. Kurator des taz lab und des taz Talk. Interessen: Vergangenheitspolitik seit 1945, Popularkulturen aller Arten, besonders der Eurovision Song Contest, politische Analyse zu LGBTI*-Fragen sowie zu Fragen der Mittelschichtskritik. Er ist auch noch HSV-, inzwischen besonders RB Leipzig-Fan. Und er ist verheiratet seit 2011 mit dem Historiker Rainer Nicolaysen aus Hamburg.

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