Eheschließung für homosexuelle Paare: In Estland kommt die Ehe für alle

Als erster postsowjetischer Staat erlaubt Estland ab 2024 gleich­geschlechtlichen Paaren zu heiraten. Das neue Gesetz ermöglicht auch Adoption.

Eine Frau mit rotem Blazer schaut erfreut

Regierungschefin Kaja Kallas war des Lobes voll über die Annahme des Gesetzes Foto: Pavel Golovkin/ap

BERLIN taz | Es ist eine historische Entscheidung: In Estland kommt die Ehe für alle. Am Dienstag nahm das Parlament (Riigikogu) ein entsprechendes Gesetz an. Von 101 Abgeordneten stimmten 55 dafür, 34 dagegen, einer enthielt sich. 11 Volks­ver­tre­te­r*in­nen waren der Abstimmung ferngeblieben. Fortan dürfen gleichgeschlechtliche Paare auch Kinder adoptieren. Dafür bedarf es jedoch der Zustimmung des jeweiligen biologischen Elternteils. Dabei gilt das Prinzip, dass jedes Kind nicht mehr als zwei Elternteile haben kann. Das neue Gesetz soll am 1. Januar 2024 in Kraft treten.

Davon unberührt ist das Rechtsinstitut der eingetragenen Partnerschaft, das in dem baltischen Staat bereits seit 2016 existiert. In dem Vertrag sind Erbschafts- und Eigentumsfragen geregelt – auch wenn der oder die Part­ne­r*in verstirbt und kein Testament existiert.

Regierungschefin Kaja Kallas, von der liberalen Estnischen Reformpartei, war des Lobes voll über die Annahme des Gesetzes. „Diese Entscheidung nimmt niemandem etwas weg, sondern sie gibt vielen etwas sehr Wichtiges. Gleichzeitig zeigt sie, dass die Mitglieder unserer Gesellschaft füreinander einstehen und einander respektieren“, sagte sie.

Mit der sowjetischer Vergangenheit abschließen

Der sozialdemokratische Abgeordnete Eduard Odinets sprach im Radiosender ERR davon, dass die Es­t*in­nen im Begriff seien, sich endlich des sowjetischen Werte- und Kulturraumes zu entledigen. Das sei dann der Fall, wenn sie sagen könnten, dass die Menschen in Estland noch freier geworden seien, als sie es noch gestern gewesen seien.

25 Prozent der 1,3 Millionen Es­t*in­nen gehören der russischen Minderheit an. Demgegenüber forderte die rechtpopulistische Oppositionspartei Ekre Staatspräsident Alar Karis auf, das Gesetz nicht auszufertigen. Zur Begründung hieß es die Abstimmung darüber sei mit einem Misstrauensvotum verbunden gewesen, was den parlamentarischen Gepflogenheiten widerspreche und nur in Ausnahmefällen zulässig sei.

Laut einer Umfrage des estnischen Zentrums für Menschenrechte von 2023 sprachen sich 53 Prozent der Befragten für eine Gleichbehandlung von heteronormativer und gleichgeschlechtlicher Ehe aus. Letztere unterstützten 2012 nur 34 Prozent.

Reaktionen aus Russland erfolgten prompt. Die Ukraine sollte sich das Beispiel ansehen. Jeder ihrer Soldaten, der an der Front sterbe, müsse wissen, dass er für die Rechte Homo­sexueller zu heiraten kämpfe, pestete der Duma-Abgeordnete Witali Milonow. „Er wird sterben, sein Kind Homosexuellen übergeben und in dieser Tradition großgezogen.“

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