Europawahl-Kandidat der FDP in Meck-Pomm: Rechtsaußen statt liberal

Paul Bressel wird in Mecklenburg-Vorpommern Spitzenkandidat der FDP bei der Europawahl. Seine politischen Positionen decken sich mit denen der AfD.

Der Politiker Paul Bressel

Zugeschaltet per Videobotschaft: Paul Bressel beim Europaparteitag der FDP Mecklenburg-Vorpommern Foto: FDP MV

HAMBURG taz | Keine Frage: Ein politisches Profil kann Paul Bressel, Spitzenkandidat der FDP in Mecklenburg-Vorpommern zur Europawahl 2024, vorzeigen. In der Partei ist der Unternehmen- und Immobilieninvestor aus Schwerin, dessen zweite Heimatstadt das italienische Turin ist, kein Nobody.

Bressel musste auf dem Europaparteitag auch gar nicht anwesend sein, um das Mandat zu erringen. Als die Kandidatur vergeben wurde, machte er Urlaub auf Bali. Mit einer Videobotschaft trat der 38-Jährige lässig im Hoodie mit der Aufschrift „LI/BE/RA/LIS/MUS“ gegen den Landesvorsitzenden der Jungen Liberalen, Niklas Wagner, an. Nachdem in zwei Wahlgängen keiner der Kandidaten die erforderliche Mehrheit erreichte, wurde per Los entschieden.

Zeitgemäße Kommunikation pflegt Bressel. In den sozialen Medien bei X (ehemals Twitter) legt er gern in der gebotenen Kürze seine Positionen dar. Nach der Wahl bedankte er sich „von Herzen“ für das Vertrauen und schrieb: „Ich ermutige auch meine Mitstreiter, unbeirrt für ihre Überzeugungen einzustehen, selbst inmitten des linken und sozialliberalen Zeitgeistes innerhalb der FDP“.

Unter dem Post wird prompt an sein Verhalten im Juni diese Jahres erinnert. In Schwerin war dem AfD-Bundestagabgeordnete Leif-Erik Holm am 18. Juni gelungen, in die Stichwahl zum Oberbürgermeisteramt zu kommen. Anders als die CDU, wollte der FDP-Kreisverband keine Wahlempfehlung für den SPD-Kandidaten Rico Badenschier abgeben. Bressel, Beisitzer im Kreisvorstand, erklärte, diese Wahl sei eine „zwischen Cholera und Pest“, und weiter: „Liberale Wähler brauchen keine Bevormundung.“

Spende für Thomas Kemmerich

Im Wahlkampf übernahm die Schweriner FDP selbst rechte Formulierungen: „Wir brauchen Einwanderung in unseren Arbeitsmarkt, nicht in unser Sozialsystem.“ Via X stellte Bressel nicht nur fest: „Hamas ist IS“, sondern auch „der Islam gehört nicht zu Deutschland“: „Der Islam stellt eine große Gefahr für die freie Welt dar. Alles was in Israel passiert, basiert auf Suren des Korans.“ Vermutlich ironisch gemeint, schrieb er, wir würden seit acht Jahren „den ‚Tag der offenen Tür‘“ feiern und postete eine Statistik zu der Anzahl von Asylanträgen.

Doch Bressel, der auch beim Unternehmerverband Norddeutschland Mecklenburg-Schwerin engagiert ist, greift auch die Ampelkoalition an: der Boykott russischen Gases führe „zwangsläufig zur Deindustrialisierung Deutschlands“ und zu „Wohlstandsverlust“.

Bressel repostete, dass es in Deutschland „im Schnitt jeden Tag zwei Gruppenvergewaltigungen, regelmäßig Messerkriminalität und Clan-Auseinandersetzungen“ gebe, „der Zwangsfunk“ phantasiere jedoch eine „angebliche Bedrohung durch ‚rechte Angriffe‘ herbei“. Das sei „offensichtliche Propaganda“.

Bressel stört auch, dass der FDP-Bundesvorstand nicht die Kandidatur Thomas Kemmerichs unterstützt hatte. Mit einer Spende half er dem thüringischen FPD-Landtagsabgeordneten, der 2020 mit Stimmen der AfD kurzeitig thüringischer Ministerpräsident wurde. Im Trump-Jargon postete er: „Make Germany great again“.

Anfang kommenden Jahres entscheidet ein Bundesparteitag, ob der FDP-Rechtsaußen es auf die Bundesliste zur Europawahl im kommenden Jahr schafft.

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