Sicherung von kritischen Rohstoffen: Metalle aus heimischem Abbau

Mehr Bergbau in Europa, weniger Abhängigkeit von rohstoffreichen Staaten, mehr Recycling: so antwortet die EU auf die neue geopolitische Lage.

Hände greifen nach Elektroschrott

Immer auch eine Lösung: Recyceln von Elektroschrott mit kritischen Materialien Foto: Fabian Strauch/imago

BERLIN taz | Mit der „Verordnung für Kritische Rohstoffe“ will die Europäische Union einem Albtraum der Industrie begegnen: dass Lieferländer für wichtige Industrierohstoffe Magnesium, Platinmetalle oder Borate nicht mehr oder nur zu deutlich höheren Preisen nach Europa verkaufen.

34 Metalle hat die EU-Kommission auf die Liste „kritischer Stoffe“ gesetzt, 17 davon sind als „strategisch“ gekennzeichnet, weil sie wichtig für die Industrie sind, sich kaum ersetzen lassen und die Versorgung von wenigen Ländern abhängt. So liefert China 97 Prozent des Magnesiums, das in Europa verwendet wird. Die Unternehmen verwenden das Leichtmetall in zahlreichen Prozessen. 71 Prozent der Platinmetalle, die etwa in Katalysatoren eingesetzt werden, stammen aus Südafrika. Und 98 Prozent der in Europa in Wasch- oder Holzschutzmitteln verwendeten Menge an Boraten stammen aus der Türkei.

Um Lieferengpässe zu vermeiden, will die EU bis 2030 fähig sein, 10 Prozent ihres jährlichen Verbrauchs an strategischen Rohstoffen durch heimischen Bergbau zu fördern; 40 Prozent sollen in Europa raffiniert und 25 Prozent durch Recycling gedeckt werden. Zudem will sie ihre Quellen diversifizieren, damit sie nicht mehr als 65 Prozent eines Rohstoffs aus einer einzigen Bezugsquelle beschaffen muss.

EU-Binnenmarktkommissar Thierry Breton begrüßte „nachdrücklich die politische Einigung“. Das Tempo der Verhandlungen von nur acht Monaten vom Kommissionsvorschlag bis zur Einigung am Montag zeige, dass Rohstoffe für die wirtschaftliche Sicherheit und Widerstandsfähigkeit Europas unerlässlich geworden seien.

„Von grünen und digitalen Technologien bis hin zu Verteidigung und Luft- und Raumfahrt steigt die Nachfrage nach kritischen Rohstoffen schnell an“, so Breton. „Mit diesem neuen Gesetz erhöhen wir unsere Kapazitäten für die Gewinnung, Verarbeitung, Veredelung und das Recycling von Rohstoffen in Europa unter Einhaltung der höchsten Umwelt- und Sozialstandards.“

Endlich Planungssicherheit

Chefunterhändlerin des Parlaments in den Verhandlungen war die liberale Europaabgeordnete Nicola Beer. „Mit gezielten wirtschaftlichen Anreizen schaffen wir echte Planungssicherheit für private Investoren – etwa durch zentrale Anlaufstellen für Unternehmen sowie schnellen und einfachen Genehmigungsverfahren mit klaren Fristen für nationale Behörden“, zeigte sie sich nach den Verhandlungen zufrieden.

Michael Reckordt von der entwicklungspolitischen Organisation Powershift hingegen bemängelte, dass mit dem Gesetz nicht versucht werde, den Rohstoffverbrauch insgesamt zu deckeln. Es sei zwar „zu begrüßen, dass sich die EU auf höhere Recyclingziele geeinigt hat“.

Gleichzeitig sei aber noch unklar, inwieweit auch der global ungerechte und ökologisch destruktive Rohstoffverbrauch in der EU angegangen werde. „Hier hat die EU-Kommission bisher die Arbeit verweigert, denn dieser hohe Verbrauch ist Ausgangspunkt für die Verletzung von Menschen- und Arbeitsrechten, indigenen Rechten und Umweltstandards“, so Reckordt.

Die Einigung muss nun noch vom Rat der Mitgliedstaaten sowie dem Plenum des Europaparlaments bestätigt werden, was in diesem Fall allerdings als Formsache gilt. Schon im Frühjahr könnte der „Critical Raw Materials Act“ in den Mitgliedsländern in Kraft treten.

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