Super Kochbücher aus 2023: Eis, Wildreis und Spätzle

Welche Kochbücher aus diesem Jahr spannend und wichtig waren? Unser Autor betreibt einen Gasthof und stellt drei seiner Favoriten vor.

auf enem Holzbrettchen liegen drei Kugeln Eis

200 Sorten Eis – von Ananassorbet über Erdbeereis mit Verveine bis zu Zitroneneis mit Sauerrahm Foto: Oleksandr Latkun/imago

200 Sorten Eis

Echt jetzt? Ein Kochbuch nur über Eis? Zugegeben, zunächst denkt man, es handelt sich hier garantiert um einen Geschenktipp für Nerds. Wenn das Buch von Tine Giacobbo und Katharina Sinniger nicht zwischen den Zeilen die mächtige Liebe zur Eiscrème besingen würde, die auch aus Erwachsenen Kinder werden lässt.

Giacobbo und Sinniger sind feste Institutionen in der Züricher Gastrolandschaft. Erst ein Restaurant, dann eine Suppenküche, schließlich ein Eisladen. Was das Paar in den letzten 30 Jahren eröffnete, macht in kürzester Zeit von sich reden. Ein Grund: Hier haben sich eine leidenschaftliche Köchin und eine leidenschaftliche Gastgeberin zusammengetan. Jedem neuen Projekt entspringt auch immer ein Buch. Das über Suppen (2014) war schon ein Juwel.

Dieser Text stammt aus der wochentaz. Unserer Wochenzeitung von links! In der wochentaz geht es jede Woche um die Welt, wie sie ist – und wie sie sein könnte. Eine linke Wochenzeitung mit Stimme, Haltung und dem besonderen taz-Blick auf die Welt. Jeden Samstag neu am Kiosk und natürlich im Abo.

200 Sorten sind in dem neuen Buch verzeichnet, von Ananassorbet über Erdbeereis mit Verveine bis zu Zitroneneis mit Sauerrahm – alle mit wenigen einfachen, aber guten Zutaten zubereitet. Die Autorinnen schwärmen von Aprikosen aus dem Gemeinschaftsgarten, Kürbiskernöl oder dem echten englischen „dark brown sugar“. Und sie haben auch einen Tipp, falls die Eismaschine fehlt. Diese Apparate stehen in Privathaushalten viel zu oft ungenutzt rum. Fragen Sie also einfach in der Nachbarschaft.

Tine Giacobbo/Katharina Sinniger: „Eisvogel. Alle Sorten“. Echtzeit Verlag, 288 Seiten, 48 Euro.

Kulinarische Dekolonisierung

Der Trend, die Küche der indigenen Völker vor dem Vergessen zu retten, inspiriert viele in den USA seit Jahren und bis in den Gourmetbereich hinein. Einer der Pioniere dieser Bewegung ist Sean Sherman vom Stamm der Oglala Lakota ­Sioux. Man muss es Anti-Barbecue-Küche nennen, was er betreibt. Er verzichtet nicht nur auf Rind, sondern auf sämtliche Zutaten, die mit der Kolonialisierung nach Nordamerika kamen: Weizen, Zucker, Hühner, Schweine beispielsweise. Zu seiner Küche gehören Bisonfleisch, von Hand geernteter Wildreis, Sonnenblumenwurzel oder Hagebutte.

Sein Buch bildet nicht nur diese Rezepte ab. Denn Sherman verfolgt die Wiederbelebung der indigenen Küche sehr politisch. Er gründet ein um das andere „Food Lab“, um die lokale Wirtschaft in den indigenen Communities zu unterstützen. Ein gelebtes Beispiel von Dekolonisierung also? Nicht nur. Shermans Buch liefert auch wichtige Beiträge, wie eine küntige Esskultur aussehen könnte, die gesünder, ressourenschonender und mithin klimafreundlicher sein will. Und das nicht nur für die USA.

Sean Sherman, mit Beth Dooley: „Der Sioux-Chef. Indigen kochen“. Kanon Verlag, 240 Seiten, 38 Euro

Deutsche Küche

Warum ein Kochbuch über deutsche Küche, habe ich Christian Rach gefragt. Schließlich gibt es schon so einige. Seine Antwort: Wenn er durch die Buchläden gehe, sehe er eine Menge italienische und französische Rezeptsammlungen, im Ausland aber vergleichsweise selten deutsche. Man kann das so verstehen: Es kann nicht genug geben, und wenn jedes neue Buch in dem Genre so wäre wie das des ehemaligen Restauranttesters, dann würde ich Rach sogar zustimmen.

Was in den vorigen zehn Jahren an Büchern zu deutscher Küche erschienen ist, diente oft dazu, heimische Gerichte überhaupt wieder bekannt zu machen. Das hat weniger mit nationaler Denke zu tun, mehr mit dem Trend hin zu Saisonalität und Regionalität. Den meisten ist aber mittlerweile Koriander näher als Lieb­stöckel, sodass diese Kochbücher Basisarbeit leisten mussten.

Rach nimmt sich nun den fleischlastigen Rezeptekanon vor und schreibt ihn um: mehr Gemüse, weniger Fleisch, vor allem wenig „Edelstücke“. So kommt das Buch erst nach sieben Kapiteln überhaupt zu Fisch und Fleisch und hat vorher schon Klassiker wie „Linsen mit Spätzle und Saitenwürstle“ oder „Himmel und Erde“ vegetarisch neu interpretiert. Sehr inspirierend, und ich gebe zu: Einige Rezepte habe ich – fast – eins zu eins bei mir im Gasthaus übernommen.

Christian Rach: „Deutsche Küche“. Südwest Verlag, 452 Seiten, 59 Euro

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.