Antisemitismus an Hochschulen: „Solidarität alleine reicht nicht“

Antisemitische Vorfälle häufen sich an den Unis, warnt Bundesbildungsministerin Stark-Watzinger. Sie fordert klare Kante – zur Not mit Hausverbot.

Bettina Stark-Watzinger spricht vor Zuhörern in ein Mikrofon

Bildungsministerin Bettina Stark-Watzinger im November bei der Kundgebung „Fridays for Israel“ in Berlin Foto: Britta Pedersen/dpa

BERLIN taz | Hochschulen in Deutschland müssen sich entschlossen gegen Antisemitismus und Israelfeindlichkeit an ihren Einrichtungen stellen. Das forderte die Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) am Dienstag in Berlin nach einem Treffen mit jüdischen Studierenden. Was diese zu berichten hatten, gäbe Anlass zu größter Sorge, sagte Stark-Watzinger. Nämlich, dass antisemitsche Vorfälle nach dem „Zivilisationsbruch“ der Hamas am 7. Oktober auch an deutschen Hochschulen stark gestiegen seien.

„Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache“, so die Ministerin. Nach Informationen des Bundesverbands der Recherche- und Informationsstellen Antisemitismus Rias seien Hochschulen der Raum, wo es am vierthäufigsten zu antisemitischen Vorfällen komme – nach Vorfällen auf der Straße, im Internet und in öffentlichen Gebäuden.

Stark-Watzinger lobte, dass die Wis­sen­schafts­mi­nis­te­r:in­nen der Länder vergangene Woche einen Aktionsplan gegen Antisemitismus und Israelfeindlichkeit beschlossen hätten. Dieser sieht vor, unter anderem mehr Beratungs- und Präventionsangebote an Hochschulen zu schaffen und entsprechende Vorfälle konsequent zu ahnden. „Die Hochschulleitungen dürfen nicht davor zurückschrecken, von ihrem Hausrecht Gebrauch zu machen“, forderte Stark-Watzinger.

Denn Solidarität alleine reiche nicht, das hätten ihnen sowohl die Jüdische Studierendenunion (JSUD) als auch Sti­pen­dia­t:in­nen des Begabtenförderungswerk der jüdischen Gemeinschaft ELES zurückgemeldet. Stark-Watzinger verwies dabei auf Programme wie „Nie wieder“ oder „Respond“, die an Hochschulen oder im Internet Raum für Gegenstimmen schafften und deshalb durch ihr Ministerium gefördert würden.

Zustände wie in den USA?

Auch der Präsident der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) Walter Rosenthal forderte alle Hochschulmitglieder auf, sich „deutlich und anhaltend gegen jede Form von Antisemitismus“ zu stellen. Antisemitische Straftaten müssten konsequent zur Anzeige gebracht werden. Auch unter diesem Level müssten die Hochschulen ihren Spielraum nutzen und etwa über ihr Hausrecht aktiv werden. Denn: „Hochschulen müssen sichere Orte für Studierende sein. Dass das nicht immer und überall der Fall ist, haben wir heute leider erfahren müssen“, sagte Rosenthal mit Blick auf das Gespräch im Bundesbildungsministerium.

Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung Felix Klein sieht aufgrund der „Welle von Hass und Hetze, die auch vor deutschen Hochschulen nicht haltmachen“, nicht nur die Sicherheit einer ganzen Gruppe gefährdet. Bedroht sei die freiheitliche demokratische Grundordnung. Wohin es führen könne, wenn sich die Hochschulen nicht konsequent gegen Judenhass richteten, können man in den USA beobachten. Mehrere Vorfälle unter anderem aus Harvard zeigten, dass Hass und Hetze auch auf Leitungsebene akzeptiert seien. Klein betonte die Notwendigkeit klarer „Leitlinien“ für die Hochschulen.

Vor dem US-Kongress hatte Harvard-Präsidentin Claudine Gay gesagt, dass ein Aufruf zum Genozid an Juden nicht zwangsläufig gegen die Regeln an der Eliteuni verstoße – und damit einen Eklat ausgelöst. Ähnlich äußerte sich die Präsidentin der University of Pennsylvania, Liz Magill. Mittlerweile hat sie ihr Amt niedergelegt.

Eklat an der Universität der Künste

In Deutschland stand bisher vor allem die Universität der Künste (UdK) in der medialen Aufmerksamkeit. Dort eskalierte Ende November ein antiisraelischer Protest. Jüdische Studierende berichteten, dass sie sich wegen der aggressiven Stimmung nicht mehr sicher fühlten.

Vor solchen Vorfällen hat die HRK schon Anfang November gewarnt. „Solidaritätsbekundungen für die Bevölkerung im Gazastreifen rechtfertigten keine Parteinahme für die Terroristen der Hamas und dürften das Leid der israelischen Bevölkerung nicht ausblenden“, sagte HRK-Präsident Rosentahl.

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