3 Monate Gaza-Israel-Krieg: Baerbock auf schwieriger Mission

Erneut reist die deutsche Außenministerin Baerbock in den Nahen Osten. Der Krieg im Gaza droht zum Flächenbrand in der Region zu werden.

Außenministerin Baerbock steht an einem Pult, hinter ihr die Flagge Israels

Außenministerin Baerbock: Nächste Reise ins Kriegsgebiet Foto: Fabian Sommer/dpa

BERLIN/TEL AVIV taz | Auf den Tag genau drei Monate ist es her, dass die Terrororganisation Hamas Israel überfiel. Rund 1.200 Menschen wurden am 7. Oktober 2023 auf brutale Weise ermordet und Hunderte verschleppt, viele befinden sich nach wie vor in Gefangenschaft der Hamas. Seitdem bombardiert Israel den Gazastreifen – und dies auch an diesem Wochenende mit unvermittelter Härte.

Tausende Kinder, Frauen, Männer sind auf der Flucht innerhalb des etwa 40 Kilometer langen und zwischen 6 und 12 Kilometer breiten abgeriegelten Küstenstreifens. Tausende Pa­läs­ti­nen­se­r:in­nen starben und UN-Organisationen mahnen seit Wochen eine humanitäre Katastrophe im Gaza an. Durch den Krieg gibt es nur eingeschränkte Hilfslieferungen und es mangelt an allem: Nahrungsmitteln, Trinkwasser, medizinische Versorgung.

Ein Ende des Krieges ist nicht in Sicht. Stattdessen ist die Gefahr groß, dass ein Flächenbrand in der Region entbrennt und der Krieg sich auf Nachbarländer wie Libanon ausweitet. Auslöser für die sehr angespannte Lage ist der Tod des zweithöchsten Anführers der islamistischen Hamas im Ausland, Saleh al-Aruri, am vergangenen Dienstag in Beirut. Sie vermutet Israel hinter der Tat. Die Schiitenmiliz Hisbollah feuerte am Samstag nach eigenen Angaben insgesamt 62 Raketen auf Israel und damit mehr als sonst. Die Miliz ist mit dem Iran und der Hamas verbündet. Hinzu kommt, dass die jemenitischen Houthis, unterstützt vom Iran, Angriffe auf Handelsschiffe im Roten Meer verstärken. Schärfste gewaltsame Auseinandersetzungen also an den verschiedensten Fronten.

Die Diplomatiemaschinerie läuft auf Hochtouren, um eine Eskalation um jeden Preis zu vermeiden. US-Außenminister Antony Blinken ist in die Region gereist und befindet sich derzeit im jordanischen Amman, danach stehen Katar, die Vereinigten Arabischen Emirate, Saudi-Arabien, Israel, das Westjordanland und Ägypten auf seiner Liste. Parallel traf EU-Chefdiplomat Josep Borrell zu Gesprächen im Libanon ein.

Baerbock am Sonntag in Israel

Auch die deutsche Außenpolitik will das Zeitfenster nutzen, um eine Eskalation zu verhindern. Einerseits. Andererseits sind nach wie vor Menschen in Geiselhaft der islamistischen Hamas, die humanitäre Lage im Gazastreifen ist katastrophal. International verschärft sich derzeit die Kritik am Militäreinsatz Israels in Gaza – und die Unterstützung für Israel bröckelt. Wegen der Tötung Al-Aruris geht das Golfemirat Katar zudem davon aus, dass ein weiterer Deal zur Freilassung von Geiseln aus der Gewalt der Hamas enorm schwierig werden könnte.

Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) reiste am Sonntag in den Nahen Osten. Ihre erste Station ist Israel, sie wird die Palästinensischen Gebiete besuchen, und dann nach Ägypten und Libanon weiterreisen. Ihre Mission: Ein Zeichen setzen – ohne Erwartungen auf Erfolg. „Wir alle spüren, das Drehbuch des Terrors darf nicht noch weiter aufgehen: Der Terror muss ein Ende haben“, erklärte Baerbock vor ihrer Abreise nach Israel. Die Region müsse aus dem ewigen Zyklus der Gewalt herauskommen.

„Es sind in diesem Konflikt schon viel zu viele Menschen gestorben – Menschen, die diesen Krieg nicht wollten und sich nach nichts mehr als Frieden sehnen.“ Noch am Sonntag will Baerbock ihren israelischen Amtskollegen Katz in Israel treffen. Geplant ist auch ein Gespräch mit Präsident Izchak Herzog.

Der deutschen Außenministerin bleiben in dieser komplexen Gemengelage derzeit nur Appelle. Damit keine Gefahr mehr für die Existenz Israels von Gaza ausgehe, müsse Hamas die Waffen niederlegen, müssten Hisbollah und die Huthis mit ihrem gefährlichen Zündeln aufhören, so die Grünen-Politikerin. Die Liste der Anforderungen ist allerdings lang, damit es nicht bei diesem Appell bleibt.

Festhalten an Zwei-Staaten-Lösung

„Dafür brauchen die Menschen in Gaza und im Westjordanland die Chance auf ein Leben in Sicherheit, Würde und Selbstbestimmung – und in Gaza ganz unmittelbar viel mehr humanitäre Hilfe. Dafür muss Israel, das das Recht und die Pflicht hat, sich gegen den Terror zu verteidigen, bei seinem militärischen Vorgehen Zivilisten viel besser schützen.“

Israel unterdessen meldete erneut Erfolge im Kampf gegen die Hamas. Allein im Flüchtlingsviertel Dschabalia wurden unterirdische Tunnel sowie 40 Eingänge gefunden. Die Armee will sich nun darauf konzentrieren, Hamas-Strukturen im Zentrum und Süden des Gazastreifens zu zerstören. Nach Israels Darstellung sind bisher rund 8000 Terroristen getötet worden. Auch im Westjordanland ist das israelische Militär im Einsatz. In Dschenin und auch Nablus, die beide von der palästinensischen Autonomiebehörde verwaltet werden und als Hochburgen von Terrorgruppen gelten, finden regelmäßig Razzien statt. Bei einem Luftangriff auf Dschenin wurden in der Nacht zum Sonntag mehrere Menschen getötet.

Trotz der schwierigen Gemengelage und der hoffnungslosen Aussicht auf ein schnelles Ende des Konfliktes, wird sich Baerbock weiterhin für eine Zwei-Staaten-Lösung einsetzen. „So entfernt dies gerade auch scheinen mag: Israelis und Palästinenser werden nur Seite an Seite in Frieden leben können, wenn die Sicherheit des Einen die Sicherheit des Anderen bedeutet“, erklärte die Außenministerin. „Es ist unsere Aufgabe, auf dem Weg hin zu einer Zwei-Staaten-Lösung nichts unversucht zu lassen.“

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