Streit um EU Lieferkettengesetz: Menschenrechte vertagt

Der Rat hat die Abstimmung zu Unternehmenspflichten in Lieferketten verschoben. Die FDP wirbt in der EU für ein Scheitern der Regeln.

drei EU Flaggen wehen im Wind vor der Europäischen Kommission

Europafahnen in Brüssel: FDP nimmt den Wind aus dem Lieferkettengesetz Foto: Johanna Geron/rtr

BERLIN Kurz vor Beginn der Ratssitzung am Freitag in Brüssel hat der belgische Vorsitz die Abstimmung zur EU-Lieferkettenrichtlinie von der Tagesordnung gestrichen.

Die Richtlinie würde Unternehmen zur Einhaltung und Überprüfung von Menschenrechten und Umweltstandards entlang der Lieferkette verpflichten. Nach Deutschland und einigen kleineren Ländern hat jetzt auch die rechte Regierung von Italien einen Rückzieher ihrer Zustimmung zum ausgehandelten Gesetz signalisiert. Damit ist die qualifizierte Mehrheit im Europäischen Rat gefährdet – die Richtlinie wäre gekippt. Der belgische Vorsitz verschafft nun Zeit bis Mittwoch zur Einigung.

Grund für die Zitterpartie ist die FDP. In letzter Minute kündigten das FDP-Präsidium und dann Bundesfinanzminister Christian Lindner sowie Justizminister Marco Buschmann an, der Richtlinie nicht zustimmen zu wollen. Als Grund nannten sie vor allem „bürokratische Hürden“ für Unternehmen. Buschmann hatte den Text zuvor in Brüssel mitverhandelt.

Gespräche innerhalb der Ampel konnten keine Einigung erzielen, sodass Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) vergangene Woche bekannt gab, dass Deutschland sich bei der Abstimmung im Rat enthalten werde, was einer Ablehnung gleichkommt.

Buschmann wirbt bei EU-Ländern um Ablehnung der Richtlinie

Die Blockade der FDP geht jedoch darüber hinaus. In einem Brief, der zuvor an deutsche Wirtschaftsverbände ging, informiert Buschmann die EU-Kommission und andere Regierungen, dass das deutsche Justizministerium die Richtlinie ablehnt, und appelliert an seine Amts­kol­le­g*in­nen, dagegen zu stimmen.

Das Verhalten der FDP sorgt für Ärger bei den Koalitionspartnern. Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) etwa kritisierte, dass Deutschlands Verlässlichkeit in der EU auf dem Spiel stehe: „Wenn wir unser einmal in Brüssel gegebenes Wort brechen, verspielen wir Vertrauen.“

Die FDP-Spitzenkandidatin für die Europawahl, Marie-Agnes Strack-Zimmermann, verteidigte den liberalen Vorstoß gegenüber der Nachrichtenagentur dpa am Sonntag. Sie betonte, Verhandlungen wären ergebnisoffen geführt worden, und warf SPD und Grüne „ein grobes Foul“ vor. (mit dpa)

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.