Rassistische Vorfälle in Brandenburg: Rassismus-Eklat bleibt unaufgeklärt

Die Ermittlungen nach Eskalationen in Heidesee sind eingestellt – eine Schulklasse war nach Bedrohungen unter Polizeischutz abgereist.

Ein Mann schaut über einen Zaun in einer Feriendorf in Brandenburg

Die mutmaßlich rassistischen Vorfälle im Feriendorf in Heidesee bleiben vorerst unaufgeklärt Foto: Michael Bahlo/dpa

Dieser Text ist Teil unserer Berichterstattung zu den Kommunal- und Landtagswahlen 2024 in Brandenburg, Sachsen und Thüringen. Die taz zeigt, was hier auf dem Spiel steht: Wer steht für die Demokratie ein? Welche Agenda verfolgen Rechte? Welche Personen und Projekte fürchten um ihre Existenz?

BERLIN taz | Die Staatsanwaltschaft Cottbus hat das Verfahren nach mutmaßlich rassistischen Angriffen in einem brandenburgischen Feriendorf im Landkreis Dahme-Spreewald eingestellt. Zeugen hätten die Täter nicht hinreichend identifizieren können, heißt es zur Begründung. Weil es vom Vorfall keine objektiven Beweismittel, also Foto- oder Videoaufnahmen gebe, hätten zwei als Hauptbeschuldigte erfasste Personen nicht überführt werden können.

Der Fall hatte im Mai vergangenen Jahres bundesweit für Empörung gesorgt: 20 Schü­le­r*in­nen einer Kreuzberger Gemeinschaftsschule zwischen 15 und 16 Jahren waren für ein „Mathe-Camp“ in ein Ferienlager am Frauensee in Heidesee gereist. Dutzende Jugendliche und junge Erwachsene aus der Region im Alter von 17 bis 19 Jahren feierten gleichzeitig eine Party auf dem Gelände. Zweimal soll es zu Konfrontationen zwischen den Gruppen gekommen sein: Am Nachmittag soll es zu Pöbeleien gekommen sein, um Mitternacht sollen die Partygäste das Schlafgebäude der Schulklasse umstellt und gedroht haben – auch rassistische Beschimpfungen wurden damals kolportiert. Ein Vater eines damals angegriffenen Kindes berichtete von Sätzen wie „Wir klatschen euch weg, ihr K*******!“

Sowohl Schü­le­r*in­nen mit Migrationshintergrund als auch Leh­re­r*in­nen berichteten von einer rassistischen Bedrohungslage, riefen die Polizei und reisten noch nachts unter Schock und Polizeischutz ab. Der Staatsschutz ermittelte wegen Volksverhetzung und Bedrohung und erhob die Personalien von 28 Geburtstagsgästen, die alkoholisiert und teils vermummt gewesen sein sollen. Diese hätten versucht, in das Gebäude zu gelangen, an Türen und Fenstern geklopft und Gewalt angedroht. Innenministerin Nancy Faeser forderte Aufklärung, Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (beide SPD) eine Debatte über die Ursachen.

Laut Behörden sind die Beschuldigungen nicht ausgeräumt. Die Taten konnten lediglich niemandem konkret zugeordnet werden. Die Rede ist von komplizierten Ermittlungen und über 50 gehörten Zeug*innen.

AfD will Vorfall instrumentalisieren

Die AfD versucht dennoch, den mutmaßlich rassistischen Vorfall für sich zu instrumentalisieren. So nutzte der brandenburgische AfD-Bundesvorstand Dennis Hohloch die Einstellung als Anlass zum Angriff auf die Pressefreiheit: „Wir wissen heute, dass das alles Lügen waren, aus denen der öffentlich-rechtliche Rundfunk ziemlich viel Profit geschlagen hat.“ Der AfD-Bundestagsabgeordnete Steffen Kotré, der nach eigenen Angaben Kontakt zu den „einheimischen Jugendlichen“ hatte, forderte in einem offenen Brief gar eine Entschuldigung Steinmeiers.

Dabei sprechen die Kontakte der Beschuldigten zu Kotré eher für einen extrem rechten Hintergrund: Der gilt als lange verwurzelt in der Neonaziszene, marschierte 2009 bei einem Neonaziaufmarsch mit, verfasste 2001 mutmaßlich Blut-und-Boden-Gedichte und sein Name findet sich auf einer Unterstützerliste für den Holocaust-Leugner Horst Mahler. Kotré hatte nach den Vorfällen Partei für die mutmaßlichen Tä­te­r*in­nen ergriffen.

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