Serie „Push“ über Hebammen: Mehr als „ein, aus und fest drücken“

Geburten wurden in Filmen und Fernsehen lange als Kleinigkeit dargestellt. Die neue Serie „Push“ auf ZDFneo räumt mit Klischees auf.

Szene aus einer Fernsehserie zeigt eine Geburt.

Szene aus der Serie „Push“, rechts Hebamme Nalan (Mariam Hage) Foto: ZDF

Die Darstellung von Geburten ist so eine Sache. Lange, lange Zeit beschränkte sich das Spektakel auf ein bisschen Unterleibziehen vorher und eine ausgeruhte Mutter in frischem Nachthemd mit Kind im Arm hinterher – ganz nach Fontanes „da gab es ein Laufen und Rennen“ und dann ist es, schwups, auch schon geschehen.

Mittlerweile haben andere Darstellungen ihren Weg auf die Leinwand gefunden: das Horrorspektakel „Clock“ (2023) über Fruchtbarkeitsbehandlungen etwa und die Verarbeitung einer tragisch geendeten Hausgeburt im Kammerspiel „Pieces of a Woman“ (2020). Das deutsche Fernsehen holt auf und präsentiert mit „Push“ auf ZDFneo eine Serie über Geburt, die sich viel traut.

Sechs Folgen begleiten die erfahrenen Hebammen Nalan (Mariam Hage) und Anna (Anna Schudt) und die neue Hebammen-Studentin Greta (Lydia Lehmann), Kinder auf die Welt zu bringen. Dass es in diesem Beruf um Begleitung geht, nicht um Anleitung, wird schnell offensichtlich: während der Schwangerschaft bei allen Fragen, für die beim Arzt weder Zeit noch Umfeld passend erscheinen, Begleitung während der Geburt, die über ein „Ein, aus, und jetzt drücken“ hinausgeht, Paarbegleitung danach.

All das ausgeführt von in überragender Mehrheit weiblichen Arbeitskräften, die noch immer die meiste Care-Arbeit im Privatleben leisten. Annas Mann kann bei Ehestress ausziehen, Anna muss zwischen Beckenendlage und Stillproblemen Kind und Enkelkind versorgen.

Jede Form der Geburt erhält Raum

Reproduktionen des alten Stereotyps der engelsgleich altruistischen Frau mit Häubchen und Kragen bleiben aus. Nalan und Anna schweben nicht leise lächelnd von Bett zu Bett, sondern kämpfen sich durch lange Schichten.

Keine einzige FSK-0-Geburt mit ein paar Tropfen Blut und ein bisschen Gewimmer ist dabei dem Publikum gestattet. Es wird mitunter so ausdauernd und so laut ­geschrien, dass das Zuschauen herausfordernd wird. Dann sei geraten: pausieren, durchatmen – und weiterschauen. „Push“ ist kein entspannendes Zuschauererlebnis, aber ein ausgesprochen lohnendes.

Einige Überdeutlichkeiten wären verzichtbar gewesen („Sie ist eine gute Ärztin, aber verhält sich so wie ein alter weißer Mann“), von der obligatorischen Krankenhaus-Affäre mit Abhängigkeitsgefälle hätte etwa abgesehen werden können.

Wenn Anna Schudts ruhige Freundlichkeit aber überlebenswichtig für diese Einmal-im-Leben-Situation wird, dann entsteht zwischen Fernsehen und Sofa eine Vorstellung davon, wie die Begleitung von Müttern (und Paaren) idealerweise aussehen kann und wie unverzichtbar ausgeglichene und abgesicherte Hebammen sind.

Der gängige Vorwurf der Schulmedizinfeindlichkeit der Hebammenwelt wird thematisiert, nicht aber reproduziert: Jede Form der Geburt erhält Raum, immer ist die Perspektive mutig, weiblich und neu. Und trotz aller Explizitheit und Alltäglichkeit wird, das große Wunder einer Geburt sogar durch den Bildschirm erahnbar.

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