Vereinigte Staaten im UN-Sicherheitsrat: Washington verliert die Geduld

Bislang standen die USA fest an der Seite Israels, nun fordern sie eine rasche Feuerpause. Das hat nicht nur mit Unmut über Netanjahu zu tun.

Rauch steigt nach einem Luftangriff vor rotem Himmel auf

ach einem Luftangriff auf das Al Shifa Krankenhaus, 20. März Foto: Dawoud Abu Alkas/reuters

BERLIN taz | Zweimal haben die USA in den vergangenen Monaten im UN-Sicherheitsrat per Veto Resolutionen blockiert, die einen sofortigen Waffenstillstand im Gazakrieg forderten – jetzt wollen sie ebendiese Forderung selbst einbringen. Das sagte US-Außenminister Antony Blinken am Mittwochabend dem saudischen Medium Al-Hadath. „Wir haben tatsächlich eine Resolution vorgelegt, die jetzt dem Sicherheitsrat vorliegt, die eine sofortige Feuerpause verbunden mit der Freilassung der Geiseln fordert.“ Es gehe auch darum, die Bedingungen für einen lang andauernden Waffenstillstand zu schaffen, sagte Blinken weiter.

Zugleich sprach der Außenminister beim Besuch in Saudi-Arabien auch davon, ein Deal, über den Israel und die Hamas unter Vermittlung der USA, Katars und Ägyptens seit Wochen verhandeln, sei nunmehr sehr nahe. Ähnliches hatte Blinken allerdings in den letzten Wochen schon mehrfach verkündet.

Eindringlich hat die US-Regierung in den vergangenen Tagen die israelische Armee aufgefordert, von der geplanten Bodenoffensive auf Rafah abzusehen. In der Stadt leben derzeit rund 1,5 Millionen Menschen, die sich auf Anweisung Israels aus den restlichen Teilen des Gazastreifens in den Süden in Sicherheit gebracht haben.

Zwar hat die Offensive immerhin noch nicht begonnen – was manche Be­ob­ach­te­r*in­nen auf den Einfluss der engsten Israel-Verbündeten USA und Deutschland zurückführen –, doch Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu bekräftigt stets aufs Neue, sie sei absolut notwendig, um die Hamas vollständig zu zerstören.

Biden innenpolitisch unter Druck

Der Schritt der Regierung unter US-Präsident Joe Biden, nunmehr auch im Sicherheitsrat Forderungen an Israel zu stellen, kommt inmitten zunehmender Spannungen zwischen beiden Seiten. Unmittelbar nach dem brutalen Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023, bei dem über 1.200 Menschen ermordet wurden, hatten die USA ihre volle Solidarität erklärt und das Recht Israels auf Selbstverteidigung bekräftigt. Auch war Biden kurz danach nach Israel gereist – vor dem Hamas-Angriff hatte er Netanjahu, der als Premier einer in Teilen rechtsextremen Koalition vorsteht, nicht einmal treffen wollen.

Von Beginn des Gazakriegs an warnten die USA, Israel solle bei seiner militärischen Antwort auf den Schutz der palästinensischen Zivilbevölkerung achten. Als die Todeszahlen im Gazastreifen in die Höhe schnellten, verzichtete die Biden-Regierung dennoch darauf, ernsthafte Druckmittel einzusetzen, etwa die Einstellung der Hilfe oder eben die Aufgabe der diplomatischen Abschirmung Israels im UN-Sicherheitsrat.

Es dürften schlussendlich zwei Faktoren sein, die Washington jetzt zum nächsten Schritt veranlassen: Enttäuschung und auch Ärger über die Sturheit der Netanjahu-Regierung, aber auch innenpolitische Motive im US-Wahljahr. Bei den demokratischen Vorwahlen in verschiedenen Bundesstaaten hatte eine durchaus beträchtliche Anzahl von Wäh­le­r*in­nen dem einzig ernsthaften Kandidaten Biden unter Verweis auf die Unterstützung Israels ihre Stimme verweigert. Das erhöhte den Druck auf Biden, die eigene Position zu verändern.

In der vergangenen Woche forderte der Chef der demokratischen Mehrheitsfraktion im US-Senat, Chuck Schumer, gar, Israel brauche sofortige Neuwahlen, Netanjahu müsse weg. Das ist freilich ein mehr als ungewöhnlicher Schritt nicht nur für einen jüdischen Senator aus New York – zeigt aber, wie sehr der Gazakrieg auch innerhalb der USA polarisiert.

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