Die Wahrheit: Kräftig. Einzigartig. Ehrlich

Von Berlin nach Wuppertal via Magdeburg, Braunschweig, Bielefeld, letzter Umstieg Hamm: Wer mit dem 49-Euro-Ticket reist, ja, die hat was zu erzählen.

Wir hätten es auch schneller haben können. Wir wollten es nicht anders. Wir wollten Deutschland pur: „Kräftig. Einzigartig. Ehrlich.“ Derart pries uns die Halberstädter Würstchen- und Konservenfabrik ihr „Spezial-Eisbein“ am Magdeburger Hauptbahnhof in Dosen an. Kurzum: Wir wollten mit dem Deutschlandticket von Berlin nach Wuppertal reisen, vier Mal regional umsteigen inklusive. Wir taten es.

Mit sieben Mal umsteigen wären wir, hätten je vier bis sechs Minuten Umsteigezeit gereicht, unmöglicherweise statt fahrplanmäßig neun Stunden und fünf Minuten nur acht Stunden 35 Minuten unterwegs von Berlin nach Wuppertal gewesen. Aber hier steht kein Text über die Deutsche Bahn, sondern ein Text über Menschelndes. Soviel noch: Es ging via Magdeburg nach Braunschweig und Bielefeld, letzter Umstieg in Hamm. Und es waren auch nur „einmal Tiere im Gleis“, was zu letztlich 29 Minuten längerer Fahrtzeit führte.

„Ein Glas Bockwürste für 2 Mark 30“, schallte es uns am Boxenstopp des unterirdisch gelegenen Würstchenfachgeschäfts direkt im Magdeburger Hbf entgegen. Wir aßen bereits Brühwürstchen, als der Mann in der Würstchenfachgeschäfttür auftauchte. Der rustikal schlecht Gelaunte meinte es ernst. „Ein Glas Bockwürste für 2 Mark 30, sonst komme ich nicht wieder.“ Wir hatten zwar verstanden, „sonst wähle ich die AfD“, und hatten uns noch gedacht, „die wählt er doch eh schon“. Aber vielleicht war da mit uns schlicht die Fantasie auf der Durchreise durchgegangen.

Stücker fünf Bockwürste

Der Droher erhielt von der Würstchenfachgeschäftbedienung professionell das Gewünschte: Sage und schreibe Stücker fünf Bockwürste für 2 Euro 30, sagenhaft günstig „im zarten Schweinedarm“. Draußen vor der Würstchenfachgeschäfttür jodelten zwei und wir brachen auf Richtung Braunschweig. Dort regnete es gefühlt tatsächlich Bindfäden, nur nicht in der Eingangshalle, die mit ihrem Sechzigerjahre-James-Bond-Louis-de-Funes-Grünpflanzencharme ganz großes Kino war, auch wenn gar nichts passierte.

Halt, 15 Kilometer östlich vor Braunschweig liegt Schandelah! Da hatte der Regionalexpress gemütlich verweilt; Zeit genug ein buntes Werbeschild der Deutschen Bahn am Perron zu fotografieren: „Willkommen in Schandelah! Hier finden Sie Erholung – und manchmal Dinosaurier.“ Dafür gab es dann doch nicht genug Quality-Time in Schandelah, nix mit Dinos, und nach Braunschweig kam Bielefeld, und ja, wir machen den Witz, dass es Bielefeld gar nicht gibt, nein, den machen wir jetzt nicht wieder, denn die Stadt gibt es wirklich und sie bietet auf jedem Bahnsteig frisch mit Blumen bepflanzte Kästen, als wollte sie sich versichern, dass es sie auch wirklich gibt. Danke, Bielefeld! Zu Hamm fällt uns nichts mehr ein, und dann waren wir auch schon da – Wuppertal, mon amour!

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Seit 2013 bei der taz-Wahrheit, zeitweise auch Themenchefin in der Regie und Redaktionsrätin. Außerdem Autorin mit Schwerpunkt Frankreich-Themen

ist die einzige Satire- und Humorseite einer Tageszeitung weltweit. Sie hat den ©Tom. Und drei Grundsätze.

kari

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