Beratungsarbeit von HateAid in Gefahr: Kein Geld gegen den Hass

Die Organisation HateAid berät Betroffene von Online-Hass. Sie soll laut den Haushaltsplänen keine Fördermittel vom Justizministerium mehr bekommen.

Das zersprungene Glas eines Smartphones

Sprung im Bildschirm: Hass und Hetze im Netz gefährden die öffentliche Debatte Foto: Nikolay Malshakov/imago

BERLIN taz | 24 Prozent der Menschen in Deutschland haben es bereits erlebt: Sie wurden online Opfer von Hassrede. Das zeigte eine Studie der Strafrechtlerin Elisa Hoven von der Universität Leipzig in Kooperation mit der Forschungsgruppe g/d/p im vergangenen Jahr. Beleidigungen und Drohungen führen nicht nur dazu, dass die öffentliche Debatte Schaden nimmt, sondern können auf Personen starke psychische Auswirkungen haben.

Organisationen wie HateAid wollen diesen Menschen durch Beratung helfen. 3.300 Menschen hat allein HateAid bereits seit der Gründung im Jahr 2018 unterstützt. Für die Jahre 2024 und 2025 rechnete die gemeinnützige GmbH so gut wie sicher mit einer Förderung durch das Bundesjustizministerium in Höhe von jeweils 600.000 Euro. Durch den Sparkurs im neuen Haushaltsplan, der die meisten Ressorts betrifft, soll diese Förderung nun wegfallen.

Dabei ist der Kampf gegen Hass im Netz ein zentrales Anliegen von Justizminister Marco Buschmann (FDP); auch Innenministerin Nancy Faeser (SPD) machte sich dafür stark. Im Koalitionsvertrag wurde das in mehreren Passagen unterstrichen, beispielsweise soll gemeinsam mit den Ländern das Netzwerk zivilgesellschaftlicher Beratungsstellen ausgebaut werden, die Regierung will zudem „umfassende Beratungsangebote aufsetzen“.

Gelder für Betroffenenberatung gefährdet

Gerade die werde jetzt bedroht, fürchtet Josephine Ballon von HateAid. Wenn die Hilfen gestrichen werden sei das „sehr schlimm, weil es um Gelder für die Betroffenenberatung geht“. Das bedeute vor allem weniger Geld für psychosoziale Beratung am Telefon. Es sei besonders wichtig, dass diese Leistung aufrecht erhalten werde. „Die Kurzfristigkeit bringt uns Probleme“, Ballon hofft aber, dass keine Stellen gekürzt werden müssen. Auf jeden Fall spare das Justizministerium hier an der falschen Stelle, findet Ballon.

Konstantin von Notz, Grüne

„Zivilgesell­schaftliche Akteure brauchen Verlässlichkeit“

Mit den Kürzungen im Förderbereich fühlt man sich bei HateAid vor den Kopf gestoßen, insbesondere aufgrund der Versprechungen im Koalitionsvertrag. Ein Umstand, den auch Konstantin von Notz, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Grünen im Bundestag, tadelt: „Die gemeinsam im Koalitionsvertrag vereinbarten Vorhaben müssen entschlossen umgesetzt werden.“

Förderung stand bereits im vergangenen Jahr auf der Kippe

Bereits im vergangenen Jahr wurde HateAid zunächst die Förderung verweigert, dann wurde die Organisation allerdings durch die Haushaltsbereinigungssitzung wieder berücksichtigt. Von Notz hofft, dass es auch für das kommende Jahr noch eine Chance gibt. „Zivilgesellschaftliche Akteure brauchen Verlässlichkeit, um ihre so wichtige Arbeit im Sinne des Gemeinwohls auch tatsächlich leisten zu können.“ Das Justizministerium hat bis Redaktionsschluss nicht auf Anfragen der taz reagiert.

Immerhin legte das FDP-geführte Ministerium im April Eckpunkte für ein „Gesetz gegen digitale Gewalt“ vor – ein weiteres Versprechen aus dem Koalitionsvertrag. Dieses soll die Auskunftsrechte für Betroffene erweitern und „richterlich angeordnete Accountsperren“ ermöglichen. Auch HateAid findet, dass die Pläne in die richtige Richtung gehen, fordert aber konkretere Maßnahmen.

In einer Broschüre über Hass im Netz informiert das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend über Möglichkeiten, der Hetze entgegenzutreten. Ein Tipp: Die App „Meldehelden“ von HateAid. Die Förderung vom Familienministerium stellt die zweite Finanzierungssäule der Organisation dar. HateAid hofft, dass die Gelder von dieser Seite erhalten bleiben – aber auch im Ministerium von Lisa Paus (Grüne) stehen Kürzungen an.

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