Boris Palmer zum Streit um die Grünenspitze: „Roth-Trittin lässt viele außen vor“

Tübingens Bürgermeister wünscht sich Katrin Göring-Eckardt als Kandidatin. Sie würde anders als Claudia Roth und Jürgen Trittin bürgerliche Wähler ansprechen, findet er.

Werden zu sehr als Linke wahrgenommen, findet Boris Palmer: Claudia Roth und Jürgen Trittin. Bild: dapd

taz: Herr Palmer, im Moment sieht es so aus, als würden die Grünen mit Jürgen Trittin und Claudia Roth an der Spitze in den Wahlkampf ziehen. Ist das eine gute Lösung?

Boris Palmer: Da wissen Sie mehr als ich.

Roth ist die einzige Spitzenkraft, die sich bisher erklärt hat. Und um den Eurokrisen-Erklärer Trittin kommt die Partei nicht herum.

Wenn Sie das sagen. Für mich ist das noch nicht abgemacht. Das beschlossene Verfahren sieht vor, dass bis zum Länderrat Anfang September die Kandidaten feststehen. Offizielle Kandidaturen gibt es noch gar nicht. Allerdings wird es Zeit, das zu entscheiden. Wir beschäftigen uns zu viel mit uns selbst.

Wie fänden Sie denn das erwähnte Duo?

, 40, ist seit 2007 Oberbürgermeister von Tübingen. Er ist profilierter Vertreter des Realoflügels der Grünen baden-württembergischer Prägung.

Claudia Roth und Jürgen Trittin sind jeweils für sich prominente und qualifizierte Persönlichkeiten. Ein solches Duo würde jedoch die Partei nicht in ihrer Breite repräsentieren. Und es würde auch relevante Wählermilieus außen vor lassen. Die Grünen müssen 2013 nicht nur ihre Kernklientel ansprechen, sondern auch bürgerliche Milieus in der Mitte, die zum Beispiel bei der Landtagswahl in Baden-Württemberg gewonnen wurden. Das traue ich Roth und Trittin im Tandem nicht zu.

Jürgen Trittin gehört zwar formal der Parteilinken an, trimmt die Partei aber aufs Sparen und auf europäische Verantwortung. Warum adressiert er nicht die bürgerliche Mitte?

Ich glaube, dass Menschen die Bilder, die sie von Politikern haben, nicht schnell ändern. Trittin ist seit Jahrzehnten eine linke Führungsfigur innerhalb der Grünen, er hat sich mit dieser Linie gegen Joschka Fischer profiliert. Solche Zuschreibungen ändern sich in den Köpfen nicht von heute auf morgen.

Grüne sagen ja gerne, entscheidend seien sowieso nicht die Köpfe, sondern nur das Programm.

Beides ist wichtig, weil man die Zukunft nicht kennt und Programme ständig verändert werden müssen. Deshalb muss man Personen an die Spitze stellen, denen man vertrauen kann, dass Sie auch das richtig entscheiden, was man heute noch gar nicht als Frage kennt. Vertrauen in Personen ist so wichtig wie Spiegelstriche in Programmen.

Was müsste ein Spitzenteam der Grünen leisten?

Eine Lösung der Personenfrage muss drei Dinge leisten: Sie sollte ein optimales Angebot an die Wählerschaft machen, inhaltlich stark aufgestellt sein und die Breite der Partei repräsentieren.

Viele Realos sähen gerne Katrin Göring-Eckardt im Wahlkampf an der Spitze. Sie auch?

Ja. Katrin Göring-Eckardt würde als Person Wählermilieus ansprechen, die sich die Grünen 2013 erschließen müssen. Sie pflegt einen überlegten, unaufgeregten Politikstil, nicht unähnlich dem von Winfried Kretschmann. Mit ihr würden die Grünen auch bürgerliche Wähler der Mitte oder kirchlich orientierte Kreise gewinnen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.