Bundesregierung beteiligt sich: Fonds für DDR-Heimkinder kommt

Jahrelang wurden sie in Heimen und Werkhöfen in der DDR drangsaliert: Nun wird ein Fonds eingerichtet, der Betroffenen Therapien finanziert. Die wollen vor allem Rehablitierung.

Mit einem Hilfsfonds wollen die ostdeutschen Länder und der Bund ehemalige DDR-Heimkinder entschädigen. Bild: dpa

BERLIN dpa/afp | Das Bundeskabinett hat am Mittwoch die Vereinbarung mit den ostdeutschen Ländern über einen gemeinsamen Fonds zur Unterstützung misshandelter ehemaliger DDR-Heimkindern verabschiedet. Der Fonds soll zum 1. Juli mit 40 Millionen Euro eingerichtet werden. Die Summe wird je zur Hälfte von Bund und Ost-Ländern gezahlt.

Aus dem Topf sollen therapeutische Behandlungen für Betroffene und Beratungen gezahlt werden. Auch soll es einmalige Geldleistungen als Ausgleich für die Minderung von Rentenansprüchen aufgrund nicht gezahlter Sozialversicherungsbeiträge geben. Monatliche Barzahlungen sind vorerst nicht vorgesehen.

In DDR-Heimen, in denen die Umerziehung zu sogenannten sozialistischen Persönlichkeiten im Vordergrund stand, gehörten nach Darstellung von Experten für viele Kinder und Jugendliche Gewalt und Zwang zum Alltag. Betroffene berichteten von eiskalten Zwangsduschen, Strafhungern, Schlägen und sexuellem Missbrauch. Viele leiden noch heute an den Folgen.

Der auf fünf Jahre angelegte Fonds soll als Bitte um Entschuldigung verstanden werden und den ehemaligen Heimkindern helfen, die Spätfolgen der erlittenen Erniedrigungen zu mildern.

Betroffene fordern Rehablitierung

„Wir können den Betroffenen nur sagen: Wir bitten Sie um Entschuldigung“, hatte Mecklenburg-Vorpommerns Sozialministerin Manuela Schwesig (SPD) vor einigen Wochen gesagt. Brandenburgs Jugendministerin Martina Münch (SPD) hatte betont, es müsse deutlich werden, dass die ehemaligen Heimkinder nicht die Schuld an ihrer eigenen Situation trügen.

Den Angaben zufolge brachten zwischen 1949 und 1990 mehr als 400.000 Menschen Teile ihrer Kindheit und Jugend in Heimen und Jugendwerkhöfen der DDR zu. Für ehemalige Heimkinder aus den westdeutschen Bundesländern war bereits ein 120 Millionen Euro umfassender Fonds eingerichtet worden.

Norda Krauel, Sprecherin der Initiative „Heimkinder Netzwerk“, hält den Fonds nur für eine „Überbrückungsmaßnahme“. Wichtig sei, dass jetzt möglichst bald gesetzliche Grundlagen zur strafrechtlichen Rehabilitierung der damals minderjährigen Opfer folgten. Das wäre Voraussetzung für eine monatliche Opferrente. In der Diskussion ist ein Betrag von etwa 300 Euro.

Eine solche sei mehr als legitim, sagte die persönlich betroffene Krauel, da neben den seelischen Schäden auch die verwehrte Schul- und Berufsausbildung und Verdiensteinbußen stünden. Mit dem Fonds wolle sich die Regierung „freikaufen“, sagte sie.

Krauel war bis vor kurzem Vorsitzende des brandenburgischen Landesverbandes, in dem ehemalige DDR-Heimkinder organisiert waren. Dieser habe sich Ende Mai aufgelöst, sagte Krauel. Grund sei gewesen, dass man sich mit dem hessischen Landesverband des Vereins „die ehemals minderjährigen Opfer“ nicht über den Umgang mit Entschädigungsforderungen habe einigen können.

„Wir sind dafür, realistische Forderungen zu stellen und pragmatisch mit Politikern zusammenzuarbeiten.“ Der hessische Verband habe Entschädigungssummen gefordert, die "unerreichbar" seien.

Jetzt seien viele der rund 250 ehemaligen brandenburgischen Mitglieder im „Heimkinder Netzwerk“ organisiert, einer Online-Plattform. Vom hessischen Landesverband war am Mittwoch niemand für eine Stellungnahme zu erreichen.

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