Cannabis, China und Klimaaktivisten: Voller Durchzug

Politisches zum In-der-Pfeife-Rauchen: Nach Russland gehört nun auch China zu den Bösen. Es kriselt zwischen Macron und Scholz. Und: Kartoffelbrei für den Klimaschutz.

Eine Person baut sich einen Joint.

Der Joint wird an die EU weitergereicht, mal gucken, ob’s da auch knallt Foto: Fabian Sommer/dpa

taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht vergangene Woche?

Friedrich Küppersbusch: Neben Russland jetzt auch China sehr böse.

Und was wird besser in dieser?

Mit Trump-Comeback könnten die USA nachziehen.

Das Bundeskabinett hat die Cannabislegalisierung auf den Weg gebracht. Welche deutschen Macht­ha­be­r:in­nen sollten dringend mal einen durchziehen?

Lauterbach und Habeck reden mitunter eh schon wie als Kinder in den Zaubertrank gefallen. Manchen politischen Eiferern wünschte man hingegen, die eine oder andere Idee in der Pfeife zu rauchen. Als ich meinem heranwachsenden Sohn in Amsterdam väterlich gesprächsbereit Coffeeshops zeigte, winkte er beim dritten müde ab: „Papa, das ist doch eher etwas für euch Ältere.“ Das tröstete mich, denn in meiner Generation sah ich einige vom Joint die Abkürzung zur Psychose nehmen – oder bis ins reife Alter untertourig durchnebeln. Der Gesetzentwurf will entkriminalisieren, den Markt durchsichtiger machen und Jugendliche schützen. Und das Vorgehen ist stilgerecht: Der Joint wird an die EU weitergereicht, mal gucken, ob’s da auch knallt.

Es kriselt in der Beziehung zu unseren französischen Nachbarn. Macron ist sich mit Scholz noch nicht so grün, wie er es einst mit Angela Merkel war. Wie kann ihre Liebe entfacht werden?

„We agree to disagree“, konnte Merkel so schwurbulieren, dass es immer auch ein bisschen klang nach „ischliebedisch“. Macron und Scholz dagegen rangeln um Streitpunkte. Europäische Schulden, Militärprogramme, Gasdeckel. Macron hat innenpolitische Sorgen, Scholz klingt zu sehr nach „Le Wumms c’est moi“. Es wird nur gemeinsam gehen. Das Feindbild Russland scheint geeignet, die Partner zu entzweien, also frivoler Gedanke: Versucht’s mal mit Amerika. Merkel konnte das mit einem Lächeln.

China steigt in ein Containerterminal des Hamburger Hafens ein. Fliegen jetzt bald Drachen statt Möwen über den Schiffen?

Höre den Weltgeist höhnisch grollen: 1898 „pachtete“ das deutsche Kaiserreich unter militärischem Zwang den chinesischen Küstenflecken Kiautschou. Um einen Kriegshafen zu errichten, Kolonialherrlichkeit, Weltmacht, ein rassistisches Regime und eine ordentliche Brauerei. Das mündete in ein wirtschaftliches Debakel, die unselige Barbarei Wilhelms mit „Hunnenrede“ im „Boxeraufstand“. Kurz: Unsere Ahnen leisteten sich die Vollblüte dessen, was jetzt als Übermannungsparanoia über das Hamburger Hafenterminal am Markt ist. Wie sagt der Chinese: What goes around, comes around. Bis heute begeht man im ehedem kaiserlichen Hafen Quingdao das Oktoberfest. Wohlsein.

Ab 2035 dürfen laut EU keine Verbrenner mehr produziert werden. Was soll dann aus den Ra­se­r:in­nen auf der Autobahn werden?

Rasen dann elektrisch.

Rishi Sunak ist neuer britischer Premier. Seit dem Brexit hat kein Premier eine volle Amtszeit geschafft. Kann er es?

Ein Abkömmling der Kolonie regiert die Kolonialmacht. Liegt an den Briten, dies nun mit Leben zu füllen – oder mit Angst und Selbstzweifel. Soweit die Romantikrundfahrt. Dahinter dräut die knallkapitalistische Agenda, in der sich Sunak von seinen Vor­gän­ge­r:in­nen nicht unterscheidet. Dem Geld ist egal, wer es ungerecht verteilt. Und wer als nächster.

Elon Musk hat Twitter jetzt endlich wirklich gekauft. Was würden Sie als frischer Twitter-Chef als Erstes tun?

Den ESC, die nächsten Olympischen Spiele, eine Fußball-WM und eine bei Besuchen aufzuspielende Hymne fordern. Elon Musk ist die personifizierte Frage, warum ein System, das gegen absolute Macht Einzelner angetreten ist, absolute Macht eines Einzelnen produziert. – Mist, 261 Zeichen. Passt nicht.

Kli­ma­ak­ti­vis­t:in­nen bewerfen berühmte Gemälde mit Essen. Früher hat man Essen hauptsächlich auf Politiker geworfen. Was finden Sie angemessener? Und was könnte man noch bewerfen?

Im westlichen Ruhrgebiet sagt man gern: Mit Essen spielt man nicht. Die Sinnfrage hinter diesen Aktionen bleibt offen, einfach weil sie auch ohne Sinn funktionieren: Randale und Medienaufmerksamkeit. Inhaltlich gibt es keinen Zusammenhang. Doch es frommt dem guten Zweck, schadet niemandem ernstlich und vielleicht steigt bei „Bares für Rares“ später mal die Expertise für nachweislich beworfene Kunst.

Und was machen die Borussen?

Im Fanshop sind Badeschlappen herabgesetzt. Auswärtsschlappen weiter gratis.

Fragen: Alexandra Hilpert, Daniel Schütz

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Jahrgang: gut. Deutscher Journalist, Autor und Fernsehproduzent. Seit 2003 schreibt Friedrich Küppersbusch die wöchentliche Interview-Kolumne der taz „Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?".

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