"Cloud Computing" entlastet PCs: Daten aus der Server-Wolke

Wenn es nach den großen IT-Konzernen geht, laufen die wichtigsten Programme der Nutzer künftig im Netz, statt auf dem PC. Ein riesiges Testzentrum soll die Technik nun beweisen.

Die "Cloud Computing"-Wolken bringen keinen Regen - sondern eine freie Festplatte. Bild: dpa

Wer am vorvergangenen Wochenende versuchte, den beliebten Kommunikationsdienst Twitter, den Fotoservice Smugmug, das Nachrichtenportal Reddit sowie diverse andere größere und kleinere Web 2.0-Angebote und Blogs aufzurufen, wunderte sich nicht schlecht: Fast einen halben Tag lang waren diese Websites bilderlos und sahen aus, als fehle ihnen gänzlich das Layout oder reagierten einfach gar nicht mehr.

Verantwortlich für die Probleme, so stellte sich bald heraus, war ein technischer Fehler bei einem einzigen Anbieter. Alle betroffenen Dienste hatten nämlich eines gemeinsam: Sie nutzten das Angebot von "Amazon Web Services" (AWS), einem so genannten "Cloud Computing"-Anbieter, der zum E-Commerce-Riesen Amazon gehört. Bei AWS können Internet-Firmen ihre Daten ablegen und kostengünstig und im Allgemeinen zuverlässig aus der Server-"Wolke" wieder abrufen. Der Vorteil: Sie müssen sich nicht mehr um eine komplexe Infrastruktur kümmern, Speicherplatz und Rechenleistung werden abgerufen, wie man das sonst nur vom Stromanbieter oder Wasserwerk her kennt.

So sollen sich in wenigen Tagen auch rechenintensive Anwendungen zusammenstellen lassen, für die man früher Hunderttausende Euro in Computer-Hardware investieren musste. Es scheint die ideale Lösung zu sein. Auch der Normal-Nutzer soll seine Programme bald in dieser Wolke ablaufen lassen, statt sie auf seinem PC zu installieren. Webmail-Dienste wie Yahoo Mail, Online-Textverarbeitungen wie Google Docs oder Internet-Bildbearbeitungsprogramme wie Photoshop Express geben die Richtung vor. Damit kann man dann von überall und jedem Rechner aus einfach per Browser auf seine Daten zugreifen.

Ausfälle wie der von vor zwei Wochen zeigen nun aber, dass es um einen der aktuell heißesten Trends im Netz doch noch nicht so gut bestellt zu sein scheint, wie die IT-Konzerne behaupten. Um diese und ähnliche Probleme künftig zu vermeiden, bauen die Firmen HP, Intel und Yahoo zusammen mit zwei Universitäten und Regierungseinrichtungen nun eine Testumgebung für das Cloud Computing auf. Die geplante Anlage wird riesig: An insgesamt sechs Standorten auf der ganzen Welt sollen eigene Rechenzentren eingerichtet werden, in der Forscher mit Hilfe echter Hardware testen können, ob ihre Strategie tatsächlich funktioniert. "Wir stehen beim Cloud Computing noch ganz am Anfang", sagt HP-Forschungsdirektor John Manley, "das müssen wir auch zugeben".

Beteiligt an dem Projekt ist auch das Karlsruher Institut für Technologie (KIT), eine Forschungskooperation zwischen Uni Karlsruhe und dem zur Helmholtz-Gesellschaft gehörenden Forschungszentrum Karlsruhe. An jedem der Standorte der Cloud Computing-Testumgebung, die in Europa, Amerika und Asien aufgebaut wurden, werkeln zwischen 1000 und 4000 Prozessorkerne mit extrem schneller Internet-Anbindung, auf denen die beteiligten Firmen und Forschungseinrichtungen beliebige Versuchsreihen durchführen können. Dazu gehören beispielsweise besonders rechenintensive Anwendungen, mit denen aktuelle Cloud Computing-Pioniere wie Amazon derzeit beschäftigt sind. In der Testumgebung lässt sich prüfen, ob die Technik der Werbeaussage "Always On" (ständig bereit) tatsächlich standhält. In Karlsruhe soll laut Manley dabei vor allem an Hochleistungsrechensystemen gearbeitet werden, einer Spezialität des KIT.

Für HP, Yahoo und Intel sieht die Zukunft der Computertechnik ganz anders aus als aktuell: "Alles wird zum Dienst" lautet dabei das Motto. Statt sich beispielsweise für teures Geld ein Büropaket wie Microsoft Office oder eine Bildbearbeitung wie Adobe Photoshop zuzulegen, soll man in den nächsten Jahren nur noch die Funktionen abrufen können, die man benötigt. Bezahlt wird dann für die Nutzung - oder der Dienst ist werbefinanziert, wie das Google derzeit vormacht. Manley meint, dass dies auch zu einer "Demokratisierung von Software" führen könnte: Nutzer, die sich teure Anwendungen heute einfach nicht leisten können, kommen künftig an sie für verhältnismäßig kleines Geld heran. "In den Cloud-Zentren von morgen kann sich dann beispielsweise ein Schüler einen Hochleistungsrechner anmieten, wenn er einen Animationsfilm erstellen möchte, der aussieht wie das, was heute Hollywood macht."

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