Denkmäler in den USA: Rassisten werden vom Sockel gestürzt

Die Neonazi-Gewalt von Charlottesville hat Folgen: Im ganzen Land erhält eine Bewegung Auftrieb, die Sklaverei-Denkmäler nicht länger dulden will.

Ein vom Sockel gestürztes Konföderiertendenkmal liegt in Durham am Boden

In Durham haben Antirassisten die Initiative ergriffen Foto: dpa

NEW YORK taz | Die Bürgermeisterin von Baltimore ging voraus. In einer Nacht- und Nebelaktion ließ die Demokratin Catherine Pugh in dieser Woche vier Denkmäler demontieren, die dort zu Ehren von Militärs der Konföderierten und ihren UnterstützerInnen standen. Sie begründete es mit der Sicherheit ihrer Stadt. Nach Charlottesville will sie keine gewaltbereiten Denkmalschützer anziehen.

Dutzende weitere Städte überall in den USA werden es ähnlich machen. Und manche – darunter New Orleans, New York und Los Angeles – haben damit bereits begonnen. In Baltimore denkt die Bürgermeisterin jetzt darüber nach, was sie mit den leeren Sockeln tun kann. Eine Idee ist es, an Ort und Stelle zu erklären, was dort war und warum es verschwunden ist.

In Charlottesville hatten in der vergangenen Woche Neonazis demonstriert, weil auch in dieser Stadt ein Denkmal vom Sockel gestoßen werden soll. Ihre Gewaltorgie und die fehlende Distanz von US-Präsident gegenüber den Rechtsradikalen hat der Bewegung der Denkmalstürmer neuen Auftrieb gegeben. Es geht dabei um die amerikanische Geschichte und ihre Interpretation.

Der US-Bürgerkrieg von 1861 bis 1865 hatte rund eine Viertelmillion Menschenleben gekostet. Baltimore stand offiziell auf der Seite der Union, jener Seite, die die Sklaverei abschaffen wollte und die gegen die Konföderiertenarmee aus den Südstaaten kämpfte. Doch auch in Baltimore – heute eine mehrheitlich schwarze Stadt – gab es Sklaverei, und auch aus Baltimore kamen Soldaten, die auf der Seite der Konföderiertenarmee kämpfen.

Eines der Denkmäler, das in Baltimore abmontiert wurde, ist eine doppelte Reiterstatue für zwei Könföderiertengeneräle: Robert E. Lee und Thomas Jonathan „Stonewall“ Jackson. Lee war selbst Sklavenbesitzer und hatte unter „seinen“ Sklaven den Ruf, einer der brutalsten Weißen überhaupt zu sein.

Die meisten Denkmäler stammen aus den Jahrzehnten nach dem Bürgerkrieg

Die meisten Denkmäler stammen aus den Jahrzehnten nach dem Bürgerkrieg. In jenen Jahrzehnten, nach der Abschaffung der Sklaverei, siegten erneut die Rassisten. Sie schufen das Jim Crow genannte System von der „weißen Vorherrschaft“ (White Supremacy), in dem schwarze Menschen nur BürgerInnen zweiter Klasse waren. Wann immer in jenen Jahrzehnten AfroamerikanerInnen aufbegehrten, entstanden neben neuen rassistischen Gesetzen auch entsprechende Denkmäler.

Die Statuen für Lee, die zwischen dem späten 19. Jahrhundert und dem Ende der 40er Jahre des 20. Jahrhunderts gebaut wurden, waren vor allem Signale an eine selbstbewusster werdende afroamerikanische Bevölkerung. Besonders viele solcher Denkmäler entstanden nach den beiden Weltkriegen. Damals kamen afroamerikanische Soldaten, die in Übersee für die Freiheit gekämpft hatten, nach Hause zurück und wollten nun sich selbst befreien. Die Denkmäler wiesen sie in ihre Grenzen.

Der Denkmalsturm, der jetzt durch die USA geht, hat an den unwahrscheinlichen Orten begonnen. New Orleans, einer der berüchtigsten Sklavenmärkte vor 1865, riss seine Konföderiertendenkmäler schon im April dieses Jahres ab. In Durham, North Carolina, wo die Behörden noch nicht zu einem Beschluss gekommen sind, haben Antirassisten die Initiative ergriffen. Die junge Frau, die am Montag auf das Denkmal für den konföderierten Soldaten kletterte, sitzt jetzt im Gefängnis. Am Donnerstag standen Aktivisten Schlange vor dem Gefängnistor, um sich ihrerseits einzubuchten.

Und Donald Trump? Der meldete sich am Donnerstag per Twitter: „Das Schöne, das aus unseren Städten und Parkanlagen entfernt wird, wird schmerzlich vermisst und niemals vergleichbar ersetzt werden können.“

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