Die Wahrheit: Der Bock hat keinen Bock mehr

Der King ist zurück in die Berge und die Queen zurück in die Schule geschickt worden: Alles über die Puc Fair im irischen Killorglin am Ring of Kerry.

Der König musste versteckt werden. Am Wochenende fand in Killorglin am Ring of Kerry im Südwesten Irlands die Puck Fair statt. Das Wort stammt vom irischen poc ab, was „Ziegenbock“ bedeutet. Und der amtiert jedes Jahr vom 10. bis zum 12. August als König von Killorglin.

Zuerst muss jemand das Tier in den Bergen aber fangen und ins Dorf schleppen, was auch in diesem Jahr gelang. Am Donnerstag wurde der Bock zum „King Puck“ gekrönt. Die Zeremonie nahm die „Queen Puck“ vor. Das ist keine Ziege, sondern eine Zwölfjährige aus dem Dorf. Leila Mulvihills Mutter und Tante waren früher ebenfalls Queen Puck. Am Samstag wurde der King zurück in die Berge und die Queen zurück in die Schule geschickt.

Normalerweise verbringt der Bock die drei Tage in einem Metallkäfig auf einer Plattform hoch über dem Ort. In diesem Jahr wurde er nach der Krönung jedoch an einen höchst geheimen Ort gebracht und tauchte erst am Samstag zur Entthronung wieder auf, weil sein Artgenosse im vorigen Jahr während einer Hitzewelle mit Temperaturen jenseits der 20 Grad in seinem Käfig fast gegrillt worden wäre.

Die „Schneeflocken“ wollen den Menschen das Festival madig machen, beklagte der lokale Abgeordnete Michael Healy-Rae: „Sie nennen sich Tierschützer, tragen aber Rindslederschuhe und sind immer gegen alles, statt auch mal etwas gut zu finden“, tobte er.

Geboren mit Schiebermütze und Gummistiefeln

Healy-Rae gehört einem Politclan an, dessen Mitglieder mit Schiebermützen und Gummistiefeln geboren werden und wegen der überwiegend flüssigen Nahrung violette Gesichter haben. Man unterschätzt sie leicht, weil sie bei öffentlichen Auftritten wie tollpatschige Landeier wirken, aber unter ihren Mützen arbeitet ein äußerst raffgieriges Hirn. So haben sie jede Menge Immobilien angehäuft. Weil eins der Clanmitglieder eine Kneipe besitzt, ist ihnen das Umsatz fördernde Festival besonders wichtig.

Angeblich ist es heidnischen Ursprungs. Der Ziegenbock soll ein Symbol für Fruchtbarkeit gewesen sein. Die Dorfjugend pflegt diese Tradition nach wie vor, indem sie die Anfangsbuchstaben von Puck Fair vertauscht. Plausibel erscheint aber auch die Erklärung, dass sich eine Gruppe von Bergziegen im 17. Jahrhundert in den McGillycuddy Reeks oberhalb von Killorglin gesonnt hatte, als die mordenden und plündernden Truppen des englischen Schlächters Oliver Cromwell in die Gegend einfielen und einen Höllenlärm machten.

Ein Ziegenbock soll deshalb so genervt gewesen sein, dass er nach Killorglin lief und die Bewohner vor den heranrückenden Soldaten warnte. Aus Dankbarkeit veranstalten sie seitdem jedes Jahr ein Fest zu Ehren des Bocks und haben obendrein eine Bronzestatue des Tieres errichtet.

Der diesjährige King Puck schien aber froh, als er am Samstag wieder nach Hause in die Berge durfte. Die Bergziegen haben wohl längst bereut, dass ihre Ahnen das verdammte Dorf vor 400 Jahren gerettet hatten.

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Geboren 1954 in Berlin. 1976 bis 1977 Aufenthalt in Belfast als Deutschlehrer. 1984 nach 22 Semestern Studium an der Freien Universität Berlin Diplom als Wirtschaftspädagoge ohne Aussicht auf einen Job. Deshalb 1985 Umzug nach Dublin und erste Versuche als Irland-Korrespondent für die taz, zwei Jahre später auch für Großbritannien zuständig. Und dabei ist es bisher geblieben. Verfasser unzähliger Bücher und Reiseführer über Irland, England und Schottland. U.a.: „Irland. Tückische Insel“, „In Schlucken zwei Spechte“ (mit Harry Rowohlt), „Nichts gegen Iren“, „Der gläserne Trinker“, "Türzwerge schlägt man nicht", "Zocken mit Jesus" (alle Edition Tiamat), „Dublin Blues“ (Rotbuch), "Mein Irland" (Mare) etc. www.sotscheck.net

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kari

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