Die Wahrheit: Schizophrene Frösche

Diabolisches Grinsen an der Theke: Irre Psychiater mit ihren schändlichen Experimenten treiben die kleine Kneipenrunde beim Griechen um.

Raimund nahm einen Schluck Bier. „Wirklich, Jungs“, seufzte er: „Ich kam mir völlig fremd vor: Ich hab in den Spiegel gekuckt und dachte: ‚Bin ich das? Echt?‘“

„Hm“, machte Luis, „dabei haben wir gestern Abend weiß Gott nicht viel getrunken.“ – „Allerdings!“, brummte Petris, Wirt des Café Gum und Grieche: „Wenn das so weitergeht, werde ich bald mit einem Hut auf dem Goetheplatz stehen und traurige Rembetikos zur Bouzouki singen.“

„Bist du vielleicht auf dem Heimweg dem Lockruf von Ingos Trinkhalle gefolgt?“, fragte Theo süffisant: „Wäre nicht das erste Mal, dass du bei Ingo versackst und tags darauf kaum noch weißt, wie du heißt.“ Raimund schüttelte beleidigt den Kopf. „Nein, Euer Ehren, ich schwöre, ich bin auf direktem Weg nach Hause und sofort in die Heia.“

„Solange du dich nicht für Jesus hältst, ist das nicht so schlimm“, erklärte Luis. – „Aber vielleicht solltest du es nicht Doc Prietsch erzählen“, sagte Theo: „Der schickt dich glatt zwei Wochen nach Ochsenforst.“ – „Na und?“, meinte Luis: „In Ochsenforst ist es doch nett: Du machst mit den anderen Irren den ganzen Tag lustige Spiele oder liegst auf einem Sofa und erzählst Geschichten aus deiner Kindheit.“ – „Ha, das glaubst du!“, rief Theo: „Die Zeit der Kuschelpsychiatrie ist vorbei: Die haben einen neuen Chef, und der setzt voll auf Elektroschocks!“ – „Elektroschocks?!“

Theo grinste breit. „Die sind unter Psychiaters wieder richtig hip. Wahrscheinlich werden bei kleineren Tics demnächst auch wieder Lobotomien eingesetzt.“

Er machte eine Pause, dann raunte er uns zu: „Angeblich haben sie sogar den verrückten Dr. Ferdi heimlich eingestellt.“ Raimund riss die Augen weit auf: „Den Neffen von Rudi, dem Blödmann? Er ist wieder da?“ Theo nickte.

Der verrückte Dr. Ferdi hatte vor einigen Jahren für Aufsehen gesorgt, weil er im Humangenetischen Institut schizophrene Frösche mit einer Überdruckhaube behandelte, die er per­spektivisch auch bei Menschen einsetzen wollte. Die Fachwelt hielt die Annahme für völlig gaga, dass Frösche schizophren sein könnten, vor allem aber stellte sich heraus, dass die meisten Tiere durch Einwirkung des Überdrucks in kleine grüne Popel verwandelt wurden, was die militante Tierschutzbewegung in Marsch setzte, die den verrückten Dr. Ferdi aus der Stadt jagte.

„Oha“, keuchte Raimund, „dann erzählt bloß Rudi nichts, wenn er gleich kommt!“ – „Waaas sollen sie mir nicht erzählen?“, schnarrte eine Stimme. Es war tatsächlich Rudi, der Blödmann, der hinter dem alten Flipper hervortrat.

„Du sollst dich immer nicht so anschleichen!“, japste Theo: „Irgendwann fall ich mausetot um!“ Doch Rudi grinste nur diabolisch, und weil keiner so genau wusste, wie lange er schon hinter dem Flipper gestanden hatte, sahen wir alle plötzlich Bilder von kleinen grünen Popeln, die unverkennbar Raimunds Gesichtszüge trugen.

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Joachim Schulz wurde 1963 an der Nordseeküste geboren und in Regen, Wind und Nebel großgezogen. Er lebt mittlerweile in einer kleinen Welt in der hessischen Provinz, wo unablässig die großen Fragen des Lebens erörtert werden, und ist seit 1996 im Einsatz für Die Wahrheit.

ist die einzige Satire- und Humorseite einer Tageszeitung weltweit. Sie hat den ©Tom. Und drei Grundsätze.

kari

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