Die Wahrheit: Geschenkter Gaul mit Klopapier

Wenn beim „Kriskindle“ die Geschenke lang vergangener Weihnachtstage wieder auftauchen, ist ganz Irland nach dem Fest zum Umtausch unterwegs.

Am besten macht man sich Notizen, damit man niemandem etwas zu Weihnachten schenkt, das man selbst von der betreffenden Person im Jahr zuvor bekommen hat. Manchmal dauert es länger, bis ein Geschenk die Runde gemacht hat.

Ich habe vorvergangene Weihnachten einem Nachbarn eine Flasche Cognac geschenkt. Offenbar war es nicht seine Marke. Nun bekam ich die Flasche von einem anderen Nachbarn zurück. Ich erkannte sie sofort an der Kugelschreibermarkierung, die ich wohlweislich angebracht hatte.

Beim Julklapp, der in Irland „Kriskindle“ heißt, erhielt ich einen französischen Weißwein. Er war bestimmt sehr teuer – im Jahr 2001. So lange hält selbst ein edler Tropfen nicht durch. Nach dem Öffnen verströmte die Flasche einen Geruch wie eine irische Frittenbude, gegen den die Patchouli-Duftkerze – ein anderes Geschenk – keine Chance hatte.

Umtauschen kann man Getränke nicht. Aber fast alles andere. Kaum machen die Läden nach Weihnachten wieder auf, strömt die Nation hinein, um Geschenke zurückzubringen. Man darf nur nicht demjenigen in die Arme laufen, von dem die Socken mit Kätzchen-Aufdruck stammen.

In England hat die Agentur Prospectus Global durch eine Umfrage die grauenhaftesten Weihnachtsgeschenke ermittelt. An erster Stelle stehen abgelaufene Gutscheine, dicht gefolgt von verdorrten Pflanzen und Schokolade, deren Haltbarkeitsdatum mehrere Jahre überschritten ist.

Was aber treibt jemanden an, eine Rolle Toilettenpapier zu verschenken? Einer der Befragten erklärte allerdings, eine Klorolle wäre ihm lieber gewesen als die Staubsaugerbeutel, da er einen beutellosen Sauger besitze. Manche Menschen finden Toilettenpapier lustig, das mit dem Konterfei eines verhassten Politikers bedruckt ist. Wie lange die Richard-Nixon-Rolle, die der Schwager bekam, schon als Geschenk unterwegs ist, kann man sich ausrechnen.

Ein Drittel aller Befragten gab an, vor dem Fest deutliche Weihnachtswünsche geäußert zu haben – vergeblich. Unsere Freundin Ulla bekam trotzdem ein Anti-Falten-Serum. Dabei ist sie jünger als ich, und mir hat die Tochter eine Kiste Lego geschenkt. Als ich das letzte Mal Lego bekam, glaubte ich noch an den Weihnachtsmann.

Diesmal waren es aber nicht nur bunte Klötzchen, sondern man musste „Central Perk“ damit bauen – das berühmte Café aus der Fernsehserie „Friends“. Das Mindestalter war mit 16 Jahren angegeben, vom Höchstalter stand nichts auf der Schachtel.

Die sieben nummerierten Beutel enthielten Hunderte Teilchen, viele nicht größer als ein Stecknadelkopf. Die Bauanleitung war ein Buch von 150 Seiten. Bei mir setzte Schnappatmung ein, so dass ich die Tochter schließlich als Bauherrin zwangsverpflichtete. Nächstes Jahr schenkt sie mir vermutlich lieber Rasierwasser.

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Geboren 1954 in Berlin. 1976 bis 1977 Aufenthalt in Belfast als Deutschlehrer. 1984 nach 22 Semestern Studium an der Freien Universität Berlin Diplom als Wirtschaftspädagoge ohne Aussicht auf einen Job. Deshalb 1985 Umzug nach Dublin und erste Versuche als Irland-Korrespondent für die taz, zwei Jahre später auch für Großbritannien zuständig. Und dabei ist es bisher geblieben. Verfasser unzähliger Bücher und Reiseführer über Irland, England und Schottland. U.a.: „Irland. Tückische Insel“, „In Schlucken zwei Spechte“ (mit Harry Rowohlt), „Nichts gegen Iren“, „Der gläserne Trinker“, "Türzwerge schlägt man nicht", "Zocken mit Jesus" (alle Edition Tiamat), „Dublin Blues“ (Rotbuch), "Mein Irland" (Mare) etc. www.sotscheck.net

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kari

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