Diplomatie in Europa: Neubeginn für das Weimarer Dreieck
Polen, Deutschland und Frankreich wollen künftig wieder enger zusammenarbeiten. Insbesondere die Ostpolitik der EU soll besser koordiniert werden.
WARSCHAU taz | Polen, Frankreich und Deutschland wollen demnächst in der EU wieder enger zusammenarbeiten. Dies kündigten am Montag in Warschau die Staatsoberhäupter Frankreichs und Polens, Nicolas Sarkozy und Bronislaw Komorowski, sowie die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel an.
Das trilaterale Gesprächsform "Weimarer Dreieck", das vor 20 Jahren ins Leben gerufen wurde, um Polen den Weg in die Nato und in die EU zu ebnen, war in den vergangenen vier Jahren fast in Vergessenheit geraten. Die Kaczynski-Zwillinge hatten während ihrer Zeit als Premier und Präsident Polens die trilaterale Zusammenarbeit auf ein Minimum heruntergefahren. Das letzte Gipfeltreffen fand 2006 statt.
"Wir haben viele gemeinsame Themen", erklärte Komorowski nach dem rund einstündigen Treffen im Warschauer Schloss Wilanow. "Ich habe die Leitlinien unserer EU-Präsidentschaft vorgestellt, die am 1. Juli beginnt und für Polen große Bedeutung hat", so Komorowski. Trilateral wolle man künftig insbesondere die Ostpolitik genauer koordinieren. Auch in der Diplomaten-Ausbildung seien eine enge Zusammenarbeit und ein regelmäßiger Austausch geplant.
"Frankreich und Deutschland möchten, dass Polen dem Pakt für Wettbewerb und Konvergenz beitritt", erklärte Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy. Polens Premier Donald Tusk hatte einige Tage zuvor auf dem EU-Gipfel in Brüssel erklärt, dass Polen, auch wenn es noch nicht der Euro-Zone angehöre, an den Stablisierungsgesprächen gerne aktiv teilnehmen würde.
Sarkozy lud nun Polen explizit in den Kreis derjenigen Staaten ein, die im Rahmen des geplanten EU-Wettbewerbspaktes engere Absprachen über die Renten-, Steuer- oder Lohnpolitik treffen wollen. Schon auf dem EU-Gipfel hatten Bundeskanzlerin Angela Merkel und Präsident Nicolas Sarkozy betont, dass dieser "Pakt" allen 27 EU-Staaten und nicht nur den 17 Euro-Staaten offenstehen solle. Polen strebt einen Euro-Beitritt für das Jahr 2015 an.
Sarkozy lobte ausdrücklich Polens Präsident und Regierung für ihre offene und mutige Politik gegenüber Russland. Dies sei richtungsweisend für die EU. "Wir möchten künftig unsere Außenpolitik gegenüber Weißrussland, der Ukraine sowie den anderen osteuropäischen Nachbarstaaten der EU und Nato enger miteinander abstimmen", sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel in Warschau. Darüber sei man sich einig geworden. Zudem solle das Weimarer Dreieck auf allen Ebenen wiederbelebt werden.
Neben den Außenministern Deutschlands, Polens und Frankreichs sollten sich auch die Chefs der anderen Ressorts demnächst wieder regelmäßig im trilateralen Kreis treffen. Merkel befürworte auch die Wiederaufnahme der Gespräche um eine Beteiligung Polen am deutsch-französischen Kulturkanal Arte. Dieses Projekt war vor einigen Jahren aus finanziellen Gründen gescheitert. Auch Sarkozy und Komorowski hatten den Kulturkanal zuvor angesprochen.
Wichtig sei auch der zivilgesellschaftliche Aspekt, so Merkel. Der bilaterale Jugendaustausch solle erweitert werden, so dass auch die Jugend in den trilateralen Dialog eingebunden werde. Insbesondere in der Kultur sei viel möglich. Als Beispiel nannte sie trilaterale Filmfestivals.
Leser*innenkommentare
Europäer
Gast
@Nichteinzahler
Wenn das ganze angeblich nicht finanzierbar wäre, warum plädieren sie dann nicht auch für die Auflösung der BRD und für die Rückkehr zur Kleinstaaterei?
Dass die EU in ihrer derzeitigen Form keine demokratische Legitimation aufweisen und ihr die Transparenz fehlt bestreitet niemand. Aber es geht genau darum Europa in diese Richtung zu entwickeln, damit das vereinte Europa über demorkatische Organe vefügt und die Nationalstaaten endlich überflüssig werden.
@Europäer
Gast
Die Vorstellungen über ein vereintes Europa variieren eben von Person zu Person.
Ich bin eben mehr ein Fan der Demokratie, indem Völker sich freiwillig per Referendum entscheiden.
Der Vertrag von Lissabon wurde mal so eben durchgedrückt und dann auch direkt wieder bei der Griechenlandrettung gebrochen. Maastricht natürlich auch. Die Lobbyisten in Brüssel, das wiederholte Referendum in Irland, die Korruption in Osteuropa mit Eu-Steuermitteln usw.
Ja vielleicht haben sie recht. Das verstehe ich in der Tat nicht. Ich verstehe allerdings das Geldsystem und deshalb sage ich Ihnen: Verabschieden sie sich schon mal. Es ist ökonomisch und mathematisch unrettbar!!!
@Sven @Europäer
Gast
Ich bin nur realistisch.
Es mag sein, dass sie beide bereit sind ihr letztes Hemd für die EU zu geben.
Leider ist die Mehrheit der Menschen weniger althruistisch.
Mit sinkendem Lebensstandard in den Einzahlerländern wird die Akzeptanz für Transferzahlungen sinken.
In der BRD klagen ja auch gerade die Bundesländer die abgeben müssen.
Bei uns werden gerade einige Hundert Arbeitsplätze nach Tschechien verlegt.
Resultat: Niemand freut sich über die EU. Die Leute beschweren sich, dass Tschechien erst Unterstützung von uns bekommt und jetzt noch die Arbeitsplätze.
Ob ich sinnvolles als Fachkraft leiste, müssen andere beurteilen. Ich gehöre jedenfalls noch zu den Einzahlern.
Europäer
Gast
@ArteBewahren
Tja, wer so redet hat keine Ahnung von der sehr differenzierten polnischen Gesellschaft und der ebenso vielfältigen polnischen Medienlandschaft.
ArteBewahren
Gast
Die Polen bei Arte?
Dann bin ich ja mal gespannt, wie der äußert liberale und weltoffene Sender bei den Polen ankommen wird. Abendfilme über Homos, sehr kritische Filme und Berichterstattung über die katholische Kirche usw.
Oder wird man womöglich Arte zur Zurückhaltung, ja, zu einem neuen, konservativen Profil zwingen?
Europäer
Gast
@Nichteinzahler
Na der Kommentar kommt offenbar von einem überheblichen Deutschen der keinerlei Ahnung hat und das Wesen eines vereinten Europas nicht versteht!
Es lebe das vereinte Europa!
Europäer
Gast
@Nichteinzahler
Da spricht wohl mal wieder ein überheblicher Deutscher der keine Ahnung hat...
Tja, so unrealistisch wie die Tatsache, dass in Europa nur Polen mit Wirtschaftswachstum durch die Weltwirtschaftskrise kam?
Abgesehen davon, nicht das Geld allein ist entscheident, wie stark sich ein Land am europäischen Einigungsprozess beteiligt und diesen Prozess mit gestaltet.
Es lebe das vereinigte Europa!
Sven
Gast
@nichteinzahler
Mit dieser Aussage sind Sie aber auch selber keiner, der als treibende (Fach-)Kraft in der EU was Glaubwürdiges erreicht.
"Alle ohne Geld halten die Schnauze!" Ja? Zum Kotzen...
Aber als Bewohner eines Transferempfänger-Bundeslandes muss ich ja wohl auch die Schnauze halten. Sorry.
Weinberg
Gast
Ach Gott – die drei von der Tankstelle mit minderwertigem Europa-Sprit im Angebot!
Nichteinzahler
Gast
Polen als treibende Kraft in der EU ist unrealistisch. Ein Transferempfängerland kann dabei keine Glaubwürdigkeit erlangen.
Man würde es nicht aussprechen, aber alle würden es denken.