Energie: Berlin braucht mehr Sonne

Mitten im tristen Winter wird die größte Solaranlage auf einem öffentlichen Berliner Dach eröffnet. Generell sieht es, was erneuerbare Energien betrifft, eher grau aus.

Solarfarm: Jetzt muss nur noch die Sonne scheinen. Bild: dpa

Der Zeitpunkt könnte kaum unpassender gewählt sein: Ausgerechnet nach zwei Wochen ohne jeden Sonnenstrahl wird die größte Solarfläche auf einem öffentlichen Gebäude eröffnet. Seit Herbst vergangenen Jahres hatten Arbeiter auf dem Dach der Max-Schmeling-Halle Kabel verlegt und Kollektoren aufgestellt. Im Dezember war es so weit: Das Meer aus blau schimmernden Paneelen ging in Betrieb. Am heutigen Donnerstag soll die 1.700 Quadratmeter große Anlage in Anwesenheit des Regierenden Bürgermeisters Klaus Wowereit (SPD) offiziell eingeweiht werden.

"Der Ertrag ist bislang aufgrund der Wetterbedingungen gering", gibt Volker Gustedt von der Berliner Energieagentur, dem Betreiber der Anlage, zu. Das dürfte sich ändern, wenn die Wolken die Sonne wieder freigeben: 220 Megawattstunden Strom pro Jahr sollen ins Netz eingespeist werden und den Strombedarf von hundert Haushalten decken. "Dadurch rechnen wir jährlich mit einer CO2-Einsparung von 220 Tonnen", so Gustedt. Die Sonnenscheindauer in Berlin schwankt in der Regel zwischen 260 Stunden im Juni und 40 Stunden im Dezember.

Knapp 8.000 Solaranlagen gibt es bislang in Berlin. Manche produzieren Wärme, andere Strom, einige versorgen Haushalte, andere nur eine Telefonzelle. Die größten der Strom produzierenden Photovoltaikanlagen mit um die 3.500 Quadratmeter Kollektorfläche stehen auf privaten Dächern. Doch was für Berlin groß sein mag, ist in anderen Bundesländern ein Klacks: In Flächenländern wie Brandenburg werden Solaranlagen mit einer Kollektorfläche von mehr als 200 Fußballfeldern gebaut. Über 10.000 Haushalte können von solch einer Anlage mit Strom versorgt werden.

Die dichte Bebauung einer Großstadt ist es, die Gustedt dafür verantwortlich macht, dass Solarenergie in Berlin wenig populär ist. Dazu komme der verhältnismäßig geringe Anteil an Wohneigentum. "Wenn man selber ein Einfamilienhaus hat, ist man eher bereit, sich eine Solaranlage aufs Dach zu stellen", sagt er. Auch Gustedt räumt jedoch ein: Es gibt Nachholbedarf.

Eine Studie der Agentur für erneuerbare Energien aus dem Jahr 2008 sieht Berlin auf dem letzten Platz. "Die Erfolge bei der Nutzung der erneuerbaren Energien sind bisher noch gering", schreiben die Autoren. Und: Eine differenzierte und ambitionierte Zielsetzung fehle.

Tatsächlich stammte im Jahr 2006 nach Angaben der Senatsverwaltung für Umwelt nur etwa 1 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Energien. Bundesweit sind es derzeit gut 15 Prozent, 2006 waren es rund 12 Prozent. Ulf Sieberg, Energiereferent beim Berliner Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), spricht angesichts dessen von einem "unterirdischen" Wert. Er sehe in Berlin "massiven Nachholbedarf", was Solarenergie und erneuerbare Energien insgesamt angeht.

Die dichte Bebauung und den hohen Mieteranteil will Sieberg nicht als Argumente gelten lassen. Nötig sei ein landeseigenes Förderprogramm, das finanzielle Anreize bietet. Vorhandene Bundesprogramme zur Förderung reichten nicht aus, da sie den spezifischen Problemen der Stadt, wie etwa dem hohen Mieteranteil, nicht gerecht würden.

Claudia Pirch-Masloch, Vorsitzende des Solarvereins Berlin-Brandenburg, stellt häufig praktische Probleme fest. "Viele öffentliche Gebäude sind gar nicht mehr in dem Zustand, in dem man eine Solaranlage darauf bauen würde." Grundsätzlich sieht Sieberg aber ein großes Potenzial für Strom aus Sonne in der Stadt. Davon ausgehend, dass der Anteil an erneuerbaren Energien stetig steige und sich der Wirkungsgrad der Anlagen verbessere, sei mindestens ein Anteil von einem Drittel Solarenergie in einem erneuerbaren Strommix denkbar.

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