Entlassung aus Haft in Vietnam: Menschenrechtler kommt frei

Nach langen Verhandlungen kommt der vietnamesische Menschenrechtler Nguyen Bac Truyen frei. Er war 2018 zu elf Jahren Haft verurteilt worden.

Der Dissident Nguyen Bac Truyen (Mitte) wird in Handschellen vor das Volksgericht von Ho-Chi-Minh-Stadt geführt

Mai 2007: Nguyen Bac Truyen (Mitte) wird vor das Volksgericht von Ho-Chi-Minh-Stadt geführt Foto: Hoang Dinh Nam/afp

BERLIN taz | Auf Vermittlung der Bundesregierung ist der vietnamesische Menschenrechtler Nguyen Bac Truyen am Freitag in Vietnam aus der Haft entlassen worden. Er soll noch am späten Freitag abend gemeinsam mit seiner Frau in Deutschland ankommen. Ein Sprecher des Auswärtigen Amtes bestätigte dies gegenüber der taz und erklärte: „Wir begrüßen die Freilassung des Bürgerrechtlers. Das ist eine wichtige humanitäre Geste der Hanoier Regierung.“

Dem Vernehmen nach hatte Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) den Fall gegenüber ihrem vietnamesischen Amtskollegen Bui Thanh Son bei politischen Gesprächen im September 2022 in Berlin angesprochen. Nguyen Bac Truyen ist ein Religions- und Rechtsexperte und leitete bis zu seiner Inhaftierung die vietnamesische Assoziation für politische und religiöse Gefangene, die gewaltlose inhaftierte Bürgerrechtler und deren Familien unterstützt.

Er war 2018 vom Hanoier Volksgericht zu einer Haftstrafe von elf Jahren wegen „Propaganda gegen den sozialistischen Staat“ verurteilt worden. Sein Vergehen: Er hat sich öffentlich für Religionsfreiheit, Meinungsfreiheit und ein pluralistisches Mehrparteiensystem eingesetzt. Der 55jährige gehört der verbotenen buddhistischen Religionsgemeinschaft Hoa Hao an, hat sich aber als Jurist auch für Rechte katholischer Religionsangehöriger eingesetzt.

Strafprozess dauerte nur einen Tag

2011 wurde er für seine Schriften zu politischen Häftlingen in Vietnam und deren Haftbedingungen mit dem Hellman/Hammett-Preis der Nichtregierungsorganisation Human Rights Watch geehrt. Der Strafprozess 2018 dauerte lediglich einen Tag. „Ursprünglich war der Prozess auf zwei Tage angesetzt,“ erklärte die FDP-Bundestagsabgeordnete Gyde Jensen auf ihrer Website. Jensen hat im Rahmen des Programms „Parlamentarier schützen Parlamentarier“ eine parlamentarische Patenschaft für den Menschenrechtler ausgeübt.

„Hinter so kurzen Prozesszeiten steckt Absicht, um solche Fälle schnell und mit möglichst wenig Öffentlichkeit abzuwickeln“, so Jensen. Dem Angeklagten sei erst wenige Tage vor Prozesseröffnung der Termin mitgeteilt worden, er hätte keinen dauerhaften Zugang zu einem Anwalt gehabt und lange Zeit die Anklageschrift nicht gekannt. „Die Voraussetzungen waren sehr schlecht, um eine Verteidigung vorzubereiten.“

Um sich für die Freiheit ihres Paten einzusetzen, hatte die FDP-Abgeordnete, die damals Vorsitzende des Menschenrechtsausschusses des Deutschen Bundestages war, 2018 ein Gespräch mit dem vietnamesischen Botschafter in Berlin geführt. Jensen: „Die offizielle Position lautete, wer das Recht nicht achte, der müsse mit den Konsequenzen rechnen. Dazu gehören Presse- und Meinungsfreiheit leider nicht.“

Schwere gesundheitliche Probleme nach der Haft

Die Verurteilung 2018 war nicht die erste, die der Mann erlitt. Er war bereits zwischen 2006 und 2010 wegen politischer Delikte inhaftiert gewesen. Seitdem hat er ein Rückenleiden und Magen-Darm-Probleme aufgrund von Misshandlungen und unhygienischen Wassers in der Haft. Zwischen den beiden Haftstrafen hatte der Mann für eine katholische Religionsgemeinschaft gearbeitet und war mehrmals von Unbekannten zusammengeschlagen worden. Das ergeht vielen Dissidenten in Vietnam so. Vermutet werden dahinter Schlägertrupps des Sicherheitsministeriums.

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