Fluchtmigration und Beschäftigung: Geflüchtete schneller in Arbeit

Das Kabinett will die Arbeitsaufnahme von „Geduldeten“ erleichtern. Die Grünen Lang und Kretschmann fordern weniger Flüchtlinge.

Nancy Faeser

Nancy Faeser, Bundesministerin des Innern und Heimat, am Mittwoch in Berlin Foto: Michael Kappeler/dpa

Das Bundeskabinett hat am Mittwoch mehrere Gesetzentwürfe zum Thema Flucht und Migration beschlossen. Die Entwürfe sehen einen verbesserten Datenaustausch über das Ausländerzentralregister (AZR) vor und verschärfte Strafen für Schleuser. Außerdem wurden Neuerungen beschlossen, die Asylsuchenden und Geduldeten einen früheren und leichteren Zugang zum Arbeitsmarkt ermöglichen.

„Wir haben heute ein weiteres bedeutendes Gesetzespaket auf den Weg gebracht“, erklärte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD). „Wir wollen die beruflichen Potenzia­le und Qualifikationen von den Menschen, die schon in Deutschland leben, bestmöglich nutzen. Dafür müssen wir sie schnellstmöglich in Arbeit bringen.“

Das Gesetz sehe aber klare Ausnahmen vor, so Faeser: Wer aus einem sicheren Herkunftsland komme oder seine Identitätsklärung verweigere, dürfe weiterhin nicht arbeiten. Die Änderungen sind an das Gesetz zu verschärften Abschieberegeln angedockt, das in der vergangenen Woche vom Kabinett beschlossen wurde.

Die Erleichterungen der Arbeitsaufnahme betreffen vor allem Asyl­be­wer­be­r:in­nen mit einer „Duldung“, also Menschen, die keine Anerkennung als Flüchtling haben, aber dennoch vorübergehend in Deutschland bleiben dürfen, weil sie aus den verschiedensten Gründen nicht abgeschoben werden können.

Ermessensspielraum verkleinert

Diesen geduldeten Flüchtlingen „soll“ die Ausländerbehörde künftig eine Arbeitserlaubnis erteilen, wenn eine Abschiebung nicht unmittelbar bevorsteht, so der Gesetzentwurf. Bisher gab es dazu nur eine „kann“-Bestimmung, die Erteilung der Beschäftigungserlaubnis fiel also in das Ermessen der Ausländerbehörden.

Seit 2020 können Geduldete, die mindestens 18 Monate in Deutschland gearbeitet haben und sich selbst finanzieren, eine längerfristige sogenannte Beschäftigungsduldung erhalten. Mit dem neuen Gesetz wird dieser erforderliche Zeitraum der Vorbeschäftigung für eine solche Beschäftigungsduldung nun von 18 auf 12 Monate verkürzt. Außerdem reicht es, wenn die regelmäßige Arbeitszeit mindestens 20 Wochenstunden und nicht wie bisher 36 Wochenstunden beträgt. Die Geduldeten müssen in der Lage sein, den eigenen Lebensunterhalt zu finanzieren.

Die Beschäftigungsduldung ist befristet, nach deren Ablauf können die Betroffenen, wenn sie weiterhin in Arbeit sind, unter Umständen eine Aufenthaltserlaubnis beantragen und ihren Aufenthaltsstatus damit sichern.

Selbstfinanzierung ist hohe Hürde

Von der Beschäftigungsduldung wurde bisher eher wenig Gebrauch gemacht, auch weil die Hürde, sich selbst ohne Sozialleistungen zu finanzieren, relativ hoch ist. Mitte 2023 hatten 3.382 Personen einschließlich Familienangehörigen eine Beschäftigungsduldung.

Darüber hinaus gibt es noch Ausbildungsduldungen und Duldungen für Beschäftigte nach diesen Ausbildungen, insgesamt handelt es sich dabei um 16.000 Personen, so die Zahlen des Mediendienstes Integration. Derzeit zählt die Statistik rund 155.000 geduldete abgelehnte Asylbewerber:innen.

Eine weitere Neuerung im am Mittwoch beschlossenen Gesetz sieht vor, dass Asyl­be­wer­be­r:in­nen in Erstaufnahmeeinrichtungen – also in der Regel während des laufenden Asylverfahrens – künftig bereits nach sechs statt nach neun Monaten arbeiten dürfen. Allerdings braucht es Zeit, damit Geflüchtete in den hiesigen Arbeitsmarkt finden. Nach Erhebungen des Nürnberger Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) haben 7 Prozent der Geflüchteten nach einem Jahr einen Job, aber 54 Prozent nach sechs Jahren.

Grüne über „Rückführung“

Der erleichterte Arbeitsmarktzugang ist Teil des Gesetzespakets, mit dem Abschiebungen verschärft werden sollen. Im Zusammenhang damit erregte ein Gastbeitrag der Grünen-Politiker Ricarda Lang und Winfried Kretschmann im Tagesspiegel am Mittwoch Aufsehen: Lang und Kretschmann forderten in dem Beitrag, die Zahl der ankommenden Geflüchteten müsse „sinken“. „Wenn die Kapazitäten – wie jetzt – an ihre Grenzen stoßen, müssen auch die Zahlen sinken“, schrieben die Parteivorsitzende Lang und der baden-württembergische Ministerpräsident in dem Beitrag. „Steuerung und Rückführung gehören zur Realität eines Einwanderungslandes wie Deutschland dazu“, hieß es weiter.

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