Freizeitsport im Trend: Wirklich kinderleicht zu erlernen!

Der neue Breitensport kommt aus den USA und nennt sich Pickleball. Es ist ein Rückschlagsport wie Tennis – nur viel einfacher zu spielen.

Steffi Graf ind Jack Sock gehen mit ihren Schägern gleichzeitig zum Ball

Pickleballer mit Tenniserfahrung: Sfeffi Graf und Jack Sock am Netz Foto: Jim Rassol/USA Today/imago

Berlin taz | Professionelle Trainer in der Sportart Pickleball, wie Mark Price einer ist, kannte Elke Harris bis vor Kurzem bloß aus Youtube-Tutorials. Gedreht irgendwo in den USA, dem gelobten Land des Pickleballs. Dann erfuhr sie aber, dass Price gerade wie ein Botschafter seines Sports durch Europa und das Pickleball-Entwicklungsland Deutschland tourt, und so lotste sie ihn in ihren kleinen Verein BTV Olympia im Prenzlauer Berg in Berlin, damit der hier ein dreitägiges Trainingscamp gibt.

Beim Besuch eines regulären Trainings ihrer Pickleball-Abteilung unter der Woche, ein paar Tage vor dem Camp, gibt sich der Profi aus den USA bereits die Ehre und spielt zum Spaß ein paar Einheiten mit den Vereinsmitgliedern. Harris, die die Sektion Pickleball aufgebaut hat und dort selbst als Trainerin tätig ist, ruft dem Stargast irgendwann zu, er möge doch bitte nicht immer nur denselben Spielern ein paar Kostproben seines Könnens geben, sondern möglichst allen. Jede und jeder hier in der Halle soll davon profitieren, wenn der Guru aus Amerika schon mal in Berlin ist. Ein paar Tage nach dem Camp sagt sie ganz begeistert, es sei unglaublich, was sie bei diesem gelernt habe.

In den USA ist der Sport seit einer Weile der Megatrend schlechthin. Um die 40 Millio­nen Amerikaner sollen sich im letzten Jahr zumindest mal im Pickleball versucht haben. Während der Coronapandemie wuchs dort keine Sportart schneller als Pickleball und in den letzten Jahren entstanden überall im Land zig neue Plätze für den boomenden Sport auf teilweise riesigen Anlagen und sogar in eigenen Stadien. Tennisrentner wie Steffi Graf, Maria Scharapowa, Andre Agassi und John McEnroe haben den Sport für sich entdeckt und spielen Showmatches um Millionenpreisgelder.

Und nun kommt der Hype auch langsam in Deutschland an. In Berlin kann man Pickleball bislang in zwei Vereinen spielen. Den von Elke Harris gibt es seit 2022, er hat bereits 60 Mitglieder und für Schnuppertrainings gibt es inzwischen sogar Wartelisten.

Doppelte Verbandsstruktur

Wie viele Vereine es in ganz Deutschland gibt, lässt sich nur schwer sagen. Was daran liegt, dass der Sport bundesweit von gleich zwei Organen vertreten und organisiert wird. Einmal vom Deutschen Pickleball Verband mit Sitz in Köln, den es seit Mitte letzten Jahres gibt und dessen Präsident Kai Auhagen mitteilt: „Wir sind der offizielle deutsche Pickleball Verband“.

Um die 40 Millionen Amerikaner sollen sich im letzten Jahr im Pickleball versucht haben

Und vom Deutschen Pickleball Bund in Gelsenkirchen, der sich bereits seit sieben Jahren für den Sport engagiert. Dessen Erster Vorsitzender Andreas Kopkau gibt auf Anfrage an, es gebe bereits an die 100 Vereine in Deutschland. Der Chef von der Konkurrenz in Köln glaubt, es sind gerade mal halb so viele.

Einig sind sich die beiden immerhin in ihrer Einschätzung, dass die Entwicklung gerade ungemein dynamisch sei. „In den USA hat Pickleball einen Tsunami ausgelöst“, so Kopkau, „und der schlägt nun auch in Europa Wellen.“ Auhagen sagt: „Wie bereits in Schweden und England und den USA sowieso, wird Pickleball auch bei uns zum Breitensport, denke ich. Das wird nicht aufzuhalten sein.“

Neben den Vereinen würden in Deutschland vereinzelt auch kommerzielle Anlagen wie in den USA entstehen. „Es gibt aber auch einfach Spielgemeinschaften. Die haben mit Vereinen und anderen Strukturen gar nichts zu tun. Das ist ja das Schöne beim Pickleball: Du kaufst dir ein Netz und einen Schläger, markierst auf dem Boden ein Feld und los geht es.“ Elke Harris lässt ihren Verein übrigens bislang weder in Köln noch in Gelsenkirchen repräsentieren, will sich aber bald nach Köln wenden. „Die haben in ein paar Monaten bereits mehr an Strukturen geschaffen als die anderen in sieben Jahren“, sagt sie.

Boom dank Corona

Pickleball wurde eigentlich schon vor 60 Jahren in den USA erfunden. Der Legende nach von ein paar Vätern, die damit ihre Kinder beschäftigen wollten. Was den Siegeszug des Sports in den USA speziell während der Corona-Pandemie erklärt, ist die Tatsache, dass dieser dort – anders als bislang in Deutschland -vornehmlich im Freien gespielt wird. Während der Pandemie kein unwesentlicher Faktor. Außerdem sind in den USA, anders als in Deutschland mit seiner Sandplatztradition, überall Hardcourttennisplätze zu finden. Viele von ihnen seien dann, so Kopkau, der sich das mehrfach bei Besuchen in den Vereinigten Staaten angeschaut habe, ziemlich einfach in Pickleballplätze umgewandelt worden.

Außerdem ist das Rückschlagspiel, da hatten die amerikanischen Väter vor 60 Jahren recht, kinderleicht zu erlernen. „Pickleball hat einen starken sozialen und integrativen Charakter“, so Kai Auhagen. „Nach einer Stunde kann man schon mitspielen, auch ohne jegliche Vorkenntnisse. Zudem ist der Sport generationen- und geschlechterübergreifend. Da spielt der Opa mit seinem Enkel und Frauen mit Männern.“

Er selbst komme, wie so viele Pickleballspieler, eigentlich vom Tennis. „Aber ich kann kein Tennis mehr spielen, zumindest nicht mehr so, wie ich das gerne tun würde. Aber bei Pickleball kann ich nochmal richtig angreifen.“ Rein eine Freizeitbeschäftigung für ehemalige Tennisasse mit Hüftschaden ist der Sport aber auch nicht. Der Altersdurchschnitt sinkt in den USA, in Deutschland wird der Sport bereits vereinzelt an Schulen angeboten.

Auch in der Sporthalle im Prenzlauer Berg geht es beim Pickleball-Training aber vergleichsweise gelassen und unkompetitiv zu. Zweier-Teams ohne Geschlechtertrennung treten gegeneinander an und werden nach Belieben durchgewechselt. Es wird auf Badminton-Feldern mit eigenen Pickleballnetzen gespielt. Man hält einen speziellen Schläger in der Hand, der ein wenig die Form eines Frühstückbretts mit Griff hat und spielt eine mit Löchern perforierte Plastikkugel über das Netz. Wie das funktioniert, begreift man wirklich sehr schnell.

Den Ball kann man einmal auf dem Boden aufkommen lassen oder direkt vollieren, allerdings nicht den Return des Gegners oder der Gegnerin. Aufschlagen, direkt ans Netz stürmen und daraufhin zum Monstervolley und damit zum fast sicheren Punkt ansetzen, ist also nicht erlaubt. Überhaupt gibt es einen Bereich am Netz, der sich „Küche“ nennt, den man zwar betreten darf, in dem das Vollieren aber verboten ist.

Ganz so simpel ist Pickleball also auch wieder nicht. Und es macht Spaß genug, dass man nach einem ersten verlorenen Satz unbedingt gleich noch einen spielen möchte.

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