G20-Prozess nach Laserpointer-Einsatz: Mildes Urteil am Ende der Hysterie

Ein 27-Jähriger, der während G20 einen Polizeihubschrauber per Laser attackiert haben soll, erhält eine kleine Bewährungsstrafe.

Eine Hand hält einen Laserpointer, aus dem grelles Licht kommt

Die Anklage wegen „versuchten Mordes“ wurde schnell fallengelassen Foto: dpa

HAMBURG taz | Der Angeklagte im Hamburger „Laserpointer-Verfahren“ ist am Mittwoch vom Amtsgericht Hamburg-Altona zu einer Bewährungsstrafe von einem halben Jahr verurteilt worden. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der 27-jährige Nico B. am späten Abend des 6. Juli 2017, während des Hamburger G20-Gipfels, mit einem Laserpointer auf den Polizeihubschrauber „Libelle 2“ gezielt und damit eine Blendung der Piloten und eine zeitweise Einschränkung ihrer Flugfähigkeit zumindest „billigend in Kauf“ genommen habe.

Einen Vorsatz, die Piloten zu verletzen und einen Unfall zu verursachen, konnte die Strafkammer nicht erkennen. Da der Versuch der Körperverletzung und der Gefährdung des Luftverkehrs – so die Delikte, wegen derer Nico B. verurteilt wurde – zudem untauglich gewesen ist, eine Körperverletzung und eine Luftverkehrsgefährdung praktisch nicht hatte stattfinden können, blieb das Gericht an der untersten Grenze der vom Gesetz vorgesehenen Strafzumessung.

Als strafmildernd für den Angeklagten bewertete Richterin Nina-Alexandra Seidler seine fünfmonatige Untersuchungshaft, die sich angesichts des Urteils nun als sehr überzogen darstellt. Auch „die Vorverurteilung des Angeklagten“ durch eine Hamburger Boulevardzeitung, die den Angeklagten nur grob gepixelt und somit zumindest für Freunde, Bekannte und Kollegen gut erkennbar als potenziellen Mörder ins Blatt gehoben hatte, wurde strafmildernd im Urteilsspruch begründet.

Die Aussagen der beiden Piloten der „Libelle“, die behaupteten, jeweils am rechten Auge geblendet worden zu sein, befand die Richterin als nicht so glaubhaft, dass sich darauf eine Verurteilung stützen ließe. Ein Sachverständiger hatte dargelegt, dass bei „einem Treffer“ die ganze Pilotenkanzel gleichmäßig erleuchtet würde, ein gebündelter Strahl auf jeweils nur ein Auge nicht möglich wäre.

„G20-Hysterie“

Dass der Hubschrauber, wie von beiden Piloten behauptet, aufgrund zeitweiliger Flugunfähigkeit abgesackt sei, bezweifelte das Gericht ebenfalls: Der Höhenmesser hatte kein Absacken angezeigt. Allerdings unterstellte die Richterin den Beamten keine absichtliche Falschaussage, sondern nur einen Irrtum.

Verteidiger Bernd Wagner hatte zuvor nicht nur auf Freispruch für seinen Mandanten plädiert, sondern auch den Polizeipiloten vorgeworfen, sie hätten sich abgesprochen und augenscheinlich gelogen, um Nico B. zu belasten. Das ganze Verfahren sei von der „G20-Hysterie“ geprägt gewesen – in der Ermittlungstätigkeit, aber auch in der medialen Aufarbeitung.

Ein Jahr auf Bewährung hatte Staatsanwalt Mittenzwei für den 27-Jährigen gefordert, nachdem er zunächst Anklage wegen „versuchten Mordes“ erhoben hatte, diesen Tatvorwurf allerdings hatte fallen lassen müssen. Die Täterschaft des Angeklagten sei „durch Indizien“ belegt. Ein Beleg dafür sei ein nicht autorisiertes Zeitungsinterview der Lebensgefährtin des Angeklagten, in dem ihr die Aussage zugeschrieben wurde, der Angeklagte habe auf den Hubschrauber gezielt, ohne jemanden verletzen zu wollen.

Die Frau hatte vor Gericht ihre Aussage nicht wiederholt, Nico B. nur Angaben zur Person gemacht, die Anwälte seine Täterschaft bestritten. Staatsanwalt und Verteidigung können nun Berufung oder Revision gegen das Urteil einlegen.

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