G7-Gipfel in Elmau: Geopolitik von unten
Deutschland sollte weitere politische, ökonomische und gesellschaftliche Akteure in den Austausch zwischen G7, Partnern und der Ukraine einbeziehen.
Durch die Einladung von Präsident Wolodimir Selenski zum Gipfel auf Schloss Elmau bietet dieser ein Forum für Gespräche zwischen den Spitzen der G7, ihren Gastländern und der Ukraine. Deutschland sollte aber zusätzlich auf Geopolitik von unten setzen. Der G7-Prozess umfasst neben der Regierungsebene zahlreiche Seitenstränge, etwa Treffen der Parlamentspräsidien.
Auch die Einbeziehung von Wirtschafts- und Sozialakteuren, gesellschaftlicher Interessen und wissenschaftlicher Expertise ist fest etabliert. Dafür sorgen sieben Engagementgruppen: Dialog der Wirtschaft, Zivilgesellschaft, Arbeitswelt, Wissenschaft, Thinktanks, Frauenverbände und der Jugend.
Die Engagementgruppen haben ihre Unterstützung für Kiew mehrfach bekräftigt, ein Zeichen gesellschaftlicher Solidarität mit dem Aggressionsopfer – allerdings unter Gleichgesinnten. Werden auch die auf Neutralität bedachten Gastländer einbezogen, vergrößert sich das Spektrum der Perspektiven. So wurden beispielsweise Jugenddelegationen aus der Ukraine und Gastländern beteiligt wie auch führende ukrainische und indonesische Wissenschaftler.
Dieser multilaterale Ansatz sollte ausgebaut werden. Das Bundestagspräsidium könnte neben den Parlamenten der G7-Staaten auch die der Gastländer und der Ukraine einladen. So ein Austausch wäre sicher kontroverser, hätte aber gerade das Ziel, die Bedenken und Belange anderer Gesellschaften in den Willensbildungsprozess einfließen zu lassen. Das kann helfen, Verständnis für harte Entscheidungen wie Sanktionen zu vergrößern und ihre gesellschaftliche Akzeptanz stärken.
Bundestag und Engagementgruppen bestimmen autonom über ihre Agenda sowie Ausmaß und Formen internationaler Kooperation. Die Bundesregierung könnte jedoch die Voraussetzungen für einen intensivierten Austausch schaffen, denn natürlich ist es sehr aufwendig und organisationsintensiv, Vertretungen aller G7-Mitglieder, der Gastländer und der Ukraine in den vielfältigen Strängen des G7-Prozesses zusammenzubringen.
Leser*innenkommentare
Dietmar Rauter
Ein schöner Sommertag! Wer miteinander redet, führt (noch) keinen Krieg, jedenfalls nicht mit -teuren- Waffen. Globalisierer brauchen offene Grenzen und willfährige Regierungen. Im Handel untereinander haben die G 7 - Staaten jenseits des Atlantik die deutlich besseren Chancen, der eine hat Rohstoffe (und eine schmelzende Arktis mit erleichtertem Zugang zu eben solchen), der andere ist Marktführer in Sachen IT, aber mit abnehmender Kaufkraft und Akzeptanz seiner Bevölkerung. Europa fehlen die Rohstoffe und hat sich beim Lavieren zwischen den Blöcken verspekuliert.