Geschäftsöffnung trotz Lockdown?: „Querdenken“ setzt auf Händler

Unter dem Slogan „Wir machen auf“ wollen ab Montag Händler ihre Geschäfte öffnen – trotz Lockdowns. Der Initiator steht „Querdenken“ nahe.

Eine fast leere Einkaufsstraße in Berlin während des Lockdowns

Der Handelsverband warnt vor rechtswidrigen Laden-Öffnungen: „Das ist ist nicht die Lösung“ Foto: David Hutzler/dpa

BERLIN taz | Am Montag um 11 Uhr soll es losgehen. Dann will Mecit Uzbay seinen Kosmetiksalon in Krefeld wieder aufmachen – trotz Shutdowns und wegen der Coronapandemie verordneter Geschäftsschließung. „Wir sind am Ende unserer Möglichkeiten“, heißt es in Uzbays Aufruf unter dem Slogan „Wir machen auf – kein Lockdown mehr“. „Die Läden werden sterben, die Innenstädte veröden.“

Die Aktion findet in Online-Netzwerken regen Anklang. Der zugehörigen Telegramgruppe folgen inzwischen fast 60.000 NutzerInnen. Laut Uzbay wollen sich angeblich 3.200 Geschäfte beteiligen und öffnen.

Überprüfen lässt sich das nicht und angesichts drohender Bußgelder werden es am Ende wohl weit weniger sein. Aber der Aufruf wird auch von Gruppen und AktivistInnen der „Querdenken“-Bewegung rege geteilt, die seit Monaten gegen die Corona-Schutzmaßnahmen agitieren. Und auch Uzbay ist kein Unbekannter.

Die Stadt Krefeld droht mit Bußgeldern

Die Stadt Krefeld warnt vor der Aktion. Ein Sprecher betont, dass Verstöße gegen die Coronaschutzverordnung durch den Ordnungsdienst geahndet würden. Man gehe dabei auch Hinweisen aus der Bürgerschaft nach. Für eine rechtswidrige Geschäftsöffnung würde ein Bußgeld von 2.500 Euro fällig.

Uzbay kontert auf seinem Telegramkanal: „Wir sind längst über den Punkt einer möglichen Ordnungswidrigkeit hinaus.“ Es gehe „um das Überleben unserer aufgebauten Existenz“. Die 2.500 Euro „machen uns keine Angst“. Uzbay selbst gibt sich als besorgter Unternehmer, will „weder rechts noch links sein“. Ihm gehe es nur um sein Geschäft, behauptet er: Staatliche Hilfsgelder dafür seien zu spät gekommen oder längst aufgebraucht.

Doch Uzbay macht anderswo schon seit Monaten gegen die Coronapolitik mobil. Schon im Herbst 2020 eröffnete er den Telegramkanal „Corona die Lüge“, später umbenannt in Coronapedia, und firmiert dort, auch mit eigenen Videos, als „MedMecit“. Verbreitet werden auf dem Kanal auch Verschwörungstheorien, etwa die des „Great Reset“, wonach die Pandemie politisch inszeniert sei, um eine neue Weltordnung zu schaffen.

Zuletzt warb Uzbay für seine Ladenaktion auch in einem Videointerview mit dem „Querdenken“-Promoter und Verschwörungsideologen Samuel Eckert und ließ sich von ihm anwaltliche Hilfe zusichern.

Initiator bedankt sich bei „Querdenken“-Anwälten

Mit den „Querdenkern“, die seine Aktion bewerben, will er offiziell dennoch nichts zu tun haben. Auf seinem Telegramkanal dankt er aber allen Gruppen für die Verbreitung seiner Aktion – und explizit den beiden „Querdenken“-Anwälten Markus Haintz und Ralf Ludwig für „ihre Hilfe im Bereich Rechtswesen“.

Der Handelsverband Deutsch­land geht auf Distanz zu Uztays Aktion. Diese mache „sicherlich die Verzweiflung bei vielen Handelsunternehmen deutlich“, erklärt ein Sprecher. Auch unterstreiche sie die Forderung nach mehr staatlicher Unterstützung und einer klaren Perspektive. „Eine Öffnung der Geschäfte im Widerspruch zu geltenden Verordnungen kann aus unserer Sicht aber nicht die Lösung sein. Wir müssen gemeinsam durch diese schwierige Zeit.“ Die wirkungsvolle Bekämpfung der Pandemie stehe an erster Stelle.

Dass Uzbay rechtliches Ungemach ereilen könnte, scheint ihm auch zu schwanen. Der Kosmetiker ruft inzwischen dazu auf, die Geschäfte am Montag nur noch kurz für eine Fotoaktion zu öffnen. Gleichzeitig setzte er in einem Musterschreiben der Bundesregierung eine einwöchige Frist, um den Lockdown zu beenden. Das Schreiben sollen auch andere Händler einreichen. Habe der Lockdown Bestand, werde man in einer Woche wieder durchgängig öffnen. „Verhandlung ausgeschlossen.“

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