Häuserkampf Hermannstraße 48: Mieter sollen keine Mieter sein

Mieter in Neukölln sollen aus ihren Wohnungen in einem Fabrikgebäude verdrängt werden. Doch sie wehren sich und auch der Bezirk ist auf ihrer Seite.

Protestierer mit "H48" Aufnäher

Die H48 will bleiben Foto: taz

BERLIN taz | Jahrzehntelang war es unstrittig, dass in dem alten Fabrikgebäude im Hinterhof der Hermannstraße 48 Menschen zur Miete wohnen. Der einzige Unterschied zu den Mie­te­r:in­nen im Vorderhaus: Die mehr als 70 Be­woh­ne­r:in­nen im zweiten Hinterhof leben in großen Wohngemeinschaften. Doch die erste WG hat nun noch vor Weihnachten eine Kündigung samt Räumungsklage erhalten.

Der neue Eigentümer des Gebäudes setzt auf Entmietung in der Hoffnung, danach noch mehr Profit aus dem Gebäude zu schlagen. Der Trick: Er erklärt die Räumlichkeiten zu Gewerbeflächen und spricht den Be­woh­ne­r:in­nen ihr Wohnmietrecht ab, das auch einen Schutz vor Kündigung beinhaltet.

Für Be­woh­ne­r:in­nen und den Bezirk Neukölln ist dagegen klar, dass es sich um Wohnraum handelt. Sie beharren darauf, dass die ehemalige Eigentümerin die Mietverträge in dem Wissen abgeschlossen hat, dass die Menschen dort vor allem wohnen und keinem Gewerbe nachgehen.

Der Bezirk hatte 2021 das Vorkaufsrecht für das Gebäudeensemble zugunsten der Hausgemeinschaft gezogen, die es in Eigenregie übernehmen wollte. Doch mit dem gerichtlichen Ende des Instruments Vorkaufsrecht kurz darauf scheiterte das Unterfangen. Das Haus wechselte von der bisherigen Alteigentümerin zu einer sächsischen Immobilienfirma. Die ging von Anfang an auf Konfrontationskurs, verdrängte Gewerbebetriebe, annoncierte Anzeigen für Büros auf den Flächen der Wohngemeinschaften und verweigerte sich jeder Kommunikation.

Treffen vor Gericht

Die H48 ist mittlerweile selbst zu einem stadtpolitischen Akteur geworden – und kündigt an, einen über ihr Haus hinaus weisenden Kampf zu führen. „Wir werden Klagen führen müssen, um das Wohnmietrecht, das uns zusteht, zu erstreiten“, heißt es in einem Statement der Hausgemeinschaft. Mit allen acht WGs wolle man sich nun juristisch ­gegen Verdrängungsabsichten zur Wehr setzen, um die finanziellen Risiken zu tragen, ist man nun auf Geldsuche. Schon am 16. Januar kommt es Landgericht am Tegeler Weg zu einem ersten Prozess. Für 10 Uhr ruft die Hausgemeinschaft zu einer Kundgebung vors Gericht.

Für die Eigentümer droht derweil an anderer Stelle Ungemach. Der Bezirk prüft, ob er gegen den Leerstand in dem Gebäude vorgehen kann. Eine ehemalige WG war dort rausgeflogen, nun stehen die Räumlichkeiten schon seit Jahren leer. Laut Zweckentfremdungsverbotsgesetz allerdings darf Wohnraum ohne besonderen Grund nicht länger als drei Monate leerstehen. Im Raum steht eine Verpflichtung für die Spekulanten, die Räume als Wohnraum zu vermieten, andernfalls drohen hohe Strafen.

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