Hilfsgüter für Menschen in Gaza: „Es gibt kaum Reserven“

Die Lage für die Zivilbevölkerung im Gazastreifen ist katastrophal. Hilfsorganisationen fordern verlässliche humanitäre Korridore.

Ein mann steht auf einem LKW, der mit Hilfsgütern beladen ist

Rafah, Ägypten, 21.10.2023: LKW mit Hilfsgütern an der Grenze zu Gaza Foto: Fatima Shbair/ap

BERLIN taz | Nach der brutalen Attacke der Terrormiliz Hamas auf Israel vor fast drei Wochen wurde der Gazastreifen abgeriegelt. Laut Hilfsorganisationen fehlen dringende Medikamente und medizinische Produkte, sowie sauberes Wasser, Lebensmittel und Treibstoff für die Zivilbevölkerung vor Ort. „Die Hilfe wird in den kommenden Tagen mit dem Wenigen umgesetzt, was innerhalb des Gazastreifens noch verfügbar ist. Es gibt kaum Reserven“, erklärte Martin Keßler, Leiter der Diakonie Katastrophenhilfe, am Freitag.

Das evangelische Hilfswerk bereitet zusammen mit der palästinensischen Hilfsorganisation PAEEP die Verteilung von Nahrungsmitteln und Wasser in Gaza vor. Die ersten Hilfsgüterverteilungen seien für 1.700 Familien vorgesehen, die im Gazastreifen in Notunterkünften der Vereinten Nationen leben. Für umfangreiche Hilfe müssten jedoch ausreichend Güter in den Gazastreifen gelangen. Nahrungsmittel seien auf lokalen Märkten und in Lagern kaum noch vorhanden, so Keßler.

„Die LKWs, die in den letzten Tagen durchgelassen wurden, liefern nur einen Bruchteil dessen, was für die mehr als zwei Millionen Menschen benötigt wird.“ Er forderte verlässliche humanitäre Korridore, um der Zivilbevölkerung zu helfen. „Sie brauchen Konserven, Brot, Fleisch – im besten Fall warme Mahlzeiten. Mit Datteln überwindet man keinen Hunger.“

Das evangelische Hilfswerk stellt für das Programm eine Million Euro bereit. Seit mehreren Jahren setzt sich die Diakonie Katastrophenhilfe in Gaza dafür ein, dass sich Familien besser ernähren können und medizinische Dienste funktionieren. Die beteiligten Partnerorganisationen durchliefen einen intensiven Prüfungsprozess und handelten gemäß humanitärer Prinzipien, teilte die Organisation mit.

Rotes-Kreuz-Team gelangt nach Gaza

Wie das Internationale Komitee vom Roten Kreuz am Freitag erklärte, konnte ein kleiner Hilfskonvoi in den weitestgehend von Israel abgeriegelten Gazastreifen gebracht werden. Zehn Mitarbeiter, darunter ein OP-Team, gelangten zusammen mit sechs Lastwagen mit medizinischen Hilfsgütern und Wasserreinigungstabletten in das Küstengebiet. Die medizinischen Hilfsgüter reichten aus, um zwischen 1.000 und 5.000 Menschen zu behandeln, erklärte das IKRK. Mit den Wasserreinigungstabletten könnten 50.000 Liter Wasser aufbereitet werden.

„Diese wichtige humanitäre Hilfe ist eine kleine Dosis der Erleichterung, aber es ist nicht genug“, sagte der Regionaldirektor der Organisation, Fabrizio Carboni. „Unser chirurgisches Team und die medizinischen Güter werden dabei helfen, den extremen Druck auf die Ärzte und Krankenschwestern in Gaza zu lindern. Diese humanitäre Katastrophe verschlimmert sich stündlich.“

Auch das UN-Hilfswerk für palästinensische Flüchtlinge (UNRWA) ist enorm besorgt. „Menschen in Gaza sterben nicht nur durch die Bomben, es werden bald noch sehr viele mehr an den Folgen der Abriegelung sterben“, sagte der Chef des UN-Hilfswerks Philippe Lazzarini, am Freitag.

Am vergangenen Wochenende wurde der Grenzübergang Rafah an der ägyptischen Grenze geöffnet. Laut UN-Angaben konnten rund 70 Lastwagen mit Hilfsgütern in den Gaza gelangen. Vor Beginn des Krieges wurde das Gebiet täglich mit 500 Lastwagen versorgt. Etwa 1,4 Millionen Menschen sind auf der Flucht, können den Gazastreifen aber nicht verlassen.

„Es gibt keinen sicheren Ort“

Bereits zu Beginn der Woche hatte ein Mitarbeiter der Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen über die Situation im Al-Shifa-Krankenhaus berichtet. Der Krankenpfleger arbeitet seit 15 Jahren mit den Ärzten ohne Grenzen in Gaza. „Die meisten Verletzungen der Pa­ti­en­t:in­nen sind sehr ernst. Es gibt keine Kapazität oder freie Betten auf den Stationen, um sie aufzunehmen.“

Es gebe Patient:innen, die dringend operiert werden müssten. Aufgrund der großen Anzahl von Menschen gebe es keine Kapazität und keinen Platz. „Unsere Familien befinden sich in einer äußerst schwierigen Lage. Es gibt keinen sicheren Ort. Die Bombardierungen sind allgegenwärtig.“

Die Terrorgruppe Hamas hatte am 7. Oktober einen Großangriff auf Israel gestartet, bei dem nach israelischen Angaben etwa 1.400 Menschen getötet. 229 Menschen wurden als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt.

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