Humanitäre Lage in Gaza: Lagerhäuser der UN geplündert

Tausende Menschen sollen Hilfsgüter der Vereinten Nationen gestohlen haben. Derweil gehen in Gaza die Evakuierungen weiter.

Mann mit Hilfsgütern.

Hilfe, die dringend gebraucht wird: Lager für UN-Hilfsgüter im Gazastreifen Foto: AP Photo/Hassan Eslaiah

BERLIN taz | Das Internet scheint nach Gaza zurückzukehren. Das Mobilfunknetzwerk in dem Küstenstreifen war am Freitagabend gegen 18 Uhr – im Zuge der israelischen Bodenoffensive und verstärkter Luftschläge – zusammengebrochen. Wie die Organisation Netblocks auf X, ehemals Twitter, angab, kehre die Verbindung zurück. Vor allem im Süden scheint das laut einer von Netblocks geteilten Grafik der Fall zu sein.

Vor etwa einer Woche konnte die taz mit einem jungen Mann aus Gaza sprechen, der zu Protokoll gab, wie er mit seiner Familie aus dem Norden des Küstenstreifens in den Süden geflohen war. Ab Freitagnachmittag war er nicht mehr zu erreichen, Nachrichten wurden nicht mehr zugestellt. Am Sonntagmittag meldete er sich wieder: „Wir haben überlebt“.

Bereits kurz nach dem 7. Oktober hatte das israelische Militär Zivilisten in Gaza erstmals aufgefordert, sich in den Süden des Landes zu begeben. Am Wochenende erfolgte die nächste Evakuierungsempfehlung: Auch Gaza-Stadt, südlich der bereits zu guten Teilen evakuierten Gebiete, soll nun verlassen werden. Das dortige Al-Quds-Krankenhaus – al-Quds ist der arabische Name Jerusalems – wurde ebenfalls zur Evakuierung aufgefordert. Laut dem palästinensischen Roten Halbmond – dem Äquivalent des Roten Kreuzes – befinden sich 12.000 Menschen in dem Gebäude. Die Evakuierung sei kaum möglich, erklärte der Sprecher der Organisation, Nebal Farsakh. Und: Die meisten Patienten seien an Sauerstoffmaschinen angeschlossen. Sie zu evakuieren „würde sie töten“, gab er an.

700.000 Menschen sind bereits in den Süden Gazas geflohen

Derweil hat Israel die zweite von drei Pipelines, die Gaza mit Wasser aus Israel versorgen, wieder geöffnet. Nach Informationen der Zeitung The Times of Israel sollen nun wieder über 28 Millionen Liter täglich nach Gaza fließen – etwa halb so viel, wie Israel vor dem Beginn des Krieges lieferte. Zwei Tage nach den Angriffen der Hamas am 7. Oktober hatte Israel den Hahn zugedreht. Laut The Times of Israel stellt Israel normalerweise etwa 9 Prozent des Wasserverbrauchs in Gaza bereit.

Israel will außerdem mehr Hilfslieferungen über den südlichen Grenzübergang mit Ägypten, genannt Rafah, zulassen. Das kündigte Armeesprecher Daniel Hagari am Samstag an. Rund 700.000 Menschen sind nach Angaben des Militärs bereits in den Süden Gazas geflohen, insgesamt leben knapp über 2,2 Millionen Menschen in dem Küstenstreifen. Treibstoff soll von den Lieferungen aber weiter ausgenommen bleiben.

Der wird zwar dringend benötigt, unter anderem für die Stromversorgung, die in Gaza vor allem über Dieselgeneratoren und ein großes, ebenfalls mit fossilem Brennstoff betriebenes Kraftwerk erfolgt. Die Hamas soll aber – das berichtet die US-Zeitung New York Times unter Berufung auf mehrere Quellen – der Zivilbevölkerung Treibstoff und andere dringend benötigte Güter wie Nahrungsmittel gestohlen haben.

Tausende Menschen sollen außerdem in Lagerhäuser des Hilfswerks der Vereinten Nationen für die Palästinenser (UNRWA) eingebrochen sein, teilte dieses am Sonntag mit. Dabei wurden Hygieneartikel sowie etwa Weizenmehl gestohlen. In den Depots lagern die Güter, die aus Ägypten geliefert wurden. Wegen der Unterbrechung des Mobilfunknetzes gab es in den letzten beiden Tagen keine weiteren Lieferungen. Sie sollen nun aber wieder aufgenommen werden.

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