Internationale Studierende in den USA: Regierung droht mit Ausweisung

Wenn die Unis im Wintersemester ausschließlich Online-Kurse anbieten, müssen ausländische Studierende die USA verlassen. Der Bildungsrat nennt das „haarsträubend“.

Studierende in vor ihrem Unigebäude, von hinten fotografiert. Sie tragen Dokturhut und Talar.

USA, New Haven: Studierende der Universität Yale bei ihrer Abschlusszeremonie Foto: dpa

NEW YORK ap | Internationale Studierende in den USA müssen das Land verlassen, wenn ihre Universitäten im Wintersemester lediglich Online-Unterricht anbieten. Die Einwanderungs- und Zollbehörde ICE gab die neuen Richtlinien am Montag (Ortszeit) bekannt. Die Richtlinien sorgen in der Debatte um die Öffnung während der Coronavirus-Pandemie für zusätzlichen Druck. Am Montag hatten einige Universitäten, darunter auch die Harvard University, bekanntgegeben, den Unterricht lediglich online abzuhalten.

Präsident Donald Trump hat darauf bestanden, dass Schulen und Universitäten so schnell wie möglich zum Präsenzunterricht zurückkehren. Auch am Montag wiederholte er auf Twitter, dass Schulen im Herbst wieder öffnen sollten. Den Demokraten warf er vor, die Schulen und Universitäten aus politischen, und nicht aus gesundheitlichen Gründen geschlossen halten zu wollen. „Sie glauben, es werde ihnen im November helfen. Falsch, die Leute verstehen es!“, twitterte er mit Bezug auf die Präsidentschaftswahl am 3. November.

Nach den neuen Regeln müssen Studierende zumindest an einem Teil ihres Unterrichts persönlich teilnehmen. Neue Visa werden für reine Online-Schulen oder –Programme nicht mehr ausgestellt. Selbst an Unis, die sowohl Präsenzunterricht als auch Online-Kurse anbieten, können internationale Studierende nicht nur an Online-Unterricht teilnehmen.

Für Tausende internationale Studierende ist dies ein Dilemma. Viele sind im Frühjahr in den USA gestrandet, als das Coronavirus ihre Ausbildungsstätten zwang, den Unterricht ins Internet zu verlegen. Sie müssen nun entweder „das Land verlassen oder andere Maßnahmen ergreifen, wie einen Transfer an eine Schule mit persönlichem Unterricht“, heißt es in der neuen Regelung.

Bernie Sanders auf Twitter

„Riskiere dein Leben und gehe zum Präsenzunterricht oder werde abgeschoben“

Der Amerikanische Bildungsrat, der die Präsidentinnen und Präsidenten von Universitäten repräsentiert, nannte die Richtlinien „haarsträubend“. Selbst wenn Universitäten im Wintersemester gezwungen würden, den Unterricht online abzuhalten, würden Studierende nicht von der Regelung ausgenommen. „Es wird für enorme Verwirrung und Unsicherheit sorgen“, sagte Terry Hartle, Vizepräsident des Bildungsrates.

Die Einwanderungs- und Zollbehörde „ICE schafft ganz klar einen Anreiz für Institutionen, wieder zu öffnen, ohne zu berücksichtigen, ob die Umstände der Pandemie dies rechtfertigen“, so Hartle. Auch sei unklar, was passiere, wenn ein Studierender in einer solchen Situation lande, sein Heimatland aber Reisebeschränkungen ausgegeben hat.

Die internationale Bildungsorganisation Nafsa verurteilte die Regeln und forderte, dass Bildungseinrichtungen die Autorität besitzen sollten, Entscheidungen zu treffen, die für ihren Campus die richtigen seien.

Senator Bernie Sanders teilte gegen die Regierung aus: „Die Grausamkeit dieses Weißen Hauses kennt keine Grenzen.“ Ausländische Studierende würden vor die Wahl gestellt: „Riskiere dein Leben und gehe zum Präsenzunterricht oder werde abgeschoben“, twitterte Sanders.

Beinahe 400.000 Studentenvisa wurden in den zwölf Monaten bis zum 30. September 2019 vergeben. Dies sind 40 Prozent weniger, als vier Jahre zuvor. Universitäten im ganzen Land rechneten zum Wintersemester bereits mit deutlich weniger internationalen Studierenden, alle zu verlieren könnte für einige verheerend sein.

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