Iren über Lissabon-Vertrag: Ja, in Gottes Namen

Im zweiten Anlauf stimmen zwei Drittel der Iren für den Lissabon-Vertrag. Das Ergebnis ist auch eine Reaktion auf die Wirtschaftskrise.

Die Abstimmung sei "eine Willenserklärung, im Herzen Europas zu bleiben", sagte Premierminister Brian Cowen. Bild: reuters

DUBLIN taz | Die Angst hat gesiegt. Im zweiten Anlauf haben die Iren den EU-Reformvertrag von Lissabon beim Referendum am Freitag mit deutlichen 67,1 Prozent angenommen. Voriges Jahr stimmten 53,4 Prozent gegen denselben Vertrag. Die Wahlbeteiligung lag diesmal bei 58 Prozent - fünf Prozentpunkte mehr als beim letzten Mal.

Der Meinungsumschwung ist auf die Rezession zurückzuführen, in die Irland in den vergangenen zwölf Monaten geschlittert ist. Sämtliche politischen Parteien bis auf Sinn Féin, einst der politische Flügel der inzwischen quasi aufgelösten Irisch-Republikanischen Armee, haben den Wählern den Aufschwung versprochen, wenn diese für den Vertrag stimmen würden. Der Multimillionär Declan Ganley mit obskuren Verbindungen zur US-Rüstungsindustrie, der sich nach der Schlappe für seine Libertas-Partei bei den Europawahlen eigentlich aus der Politik zurückziehen wollte, sich am Ende aber doch wieder einmischte, sagte: "Ich werde die Regierung in zwölf Monaten an ihr Jobversprechen erinnern."

Für die Koalitionsregierung aus der konservativen Fianna Fáil und den Grünen stand viel auf dem Spiel. Bei einem Nein hätte sie wohl zurücktreten müssen, und bei Neuwahlen hätten beide Parteien wie schon bei den Europa- und Kommunalwahlen im Sommer ein Debakel erlebt. Doch die Wähler sahen davon ab, die unbeliebteste Regierung seit der Staatsgründung vor knapp 90 Jahren mit einer Ablehnung des EU-Vertrages zu bestrafen.

"Es war eine große Hürde, und es hätte verheerende Folgen für die Regierung gehabt, wenn das Referendum ein zweites Mal abgelehnt worden wäre", meinte Verteidigungsminister Willie ODea. Die Abstimmung sei "eine Willenserklärung, im Herzen Europas zu bleiben", sagte Premierminister Brian Cowen am Samstag denn auch erleichtert. Außenminister Micheál Martin schließlich sprach von einem guten Tag für Irland. "Ich freue mich für unser Land", sagte er. "Die Garantien, die sich die Regierung von der EU geben ließ, haben eine entscheidende Rolle gespielt."

In einem Zusatzprotokoll, das allerdings erst noch ratifiziert werden muss, sind Irland Steuerhoheit, Abtreibungsverbot und militärische Neutralität zugesichert worden. Außerdem darf Irland seinen EU-Kommissar behalten.

Aufseiten der Gegner herrschte Ernüchterung. So meinte der Dubliner Stadtrat Richard Boyd Barett, der für die Ablehnung des Lissabon-Vertrags eingetreten war: "Dieser Vertrag wird die Wirtschaftskrise nicht lösen. Er wird sie verschlimmern. Die Politik, die in diesem Vertrag festgeschrieben wird, ist dieselbe Politik, die uns in die Rezession geführt hat." Er monierte, dass Großunternehmen wie Ryanair, Intel oder Dell hunderttausende Euro in die Ja-Kampagne gepumpt haben.

Stadträtin Joan Collins vom linken Bündnis People Before Profit sagte: "Wir werden weiterhin für eine neue Richtung in Europa kämpfen - ein Europa, das die Armut abschafft und das Geld für Gesundheit und Bildung statt für die Rüstung ausgibt."

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