Kai Wegners Politik gegen Wohnraummangel: Leere Versprechen statt Lösungen

Auch der Regierende hat erkannt, dass Berlin ein Wohnungsproblem hat. Sein Lösungsvorschlag gegen den Mangel an bezahlbarem Wohnraum taugt aber nicht.

Blick auf eine graue Hausfassade mit vielen Fenstern

Graues Wohnen Foto: picture alliance/dpa/Christophe Gateau

Manchmal hilft es, sich an seine eigenen Worte zu erinnern: „Enteignungen schaffen keine einzige neue Wohnung und senken keine Miete“, erklärte der damals noch nicht Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU) 2021 und positionierte sich damit im Wahlkampf klar gegen den Volksentscheid Deutsche Wohnen & Co enteignen. „Mietern wirklich helfen“, stand über seinem Konterfei auf den Wahlplakaten.

Mittlerweile ist Kai Wegner 100 Tage im Amt und kann zeigen, wie er Mie­te­r*in­nen in der Hauptstadt des Mietenwahnsinns wirklich helfen will. Immerhin hätten 80 Prozent der Wohnungssuchenden so gut wie keine Aussichten, bezahlbaren Wohnraum zu finden, klagte der CDU-Politiker am Donnerstag dem Redak­tionsnetzwerk Deutschland. Auch bei Wegner ist also mittlerweile die Erkenntnis gereift: „Wir haben ein Wohnungsproblem in Berlin.“

Manche brauchen eben etwas länger, könnte man wohlwollend meinen, Hauptsache, der Groschen ist gefallen. Nur taugt Wegners Lösungsvorschlag gegen den Mangel an bezahlbarem Wohnraum leider überhaupt nicht dazu, das Problem zu lösen. Damit „die Verkäuferin oder der Polizist“ nicht nach Brandenburg ziehen müssen, weil sie sich Berlin nicht mehr leisten können, braucht es laut Wegner – tadaaa – einfach mehr Wohnberechtigungsscheine (WBS) auch für „Normalverdiener“.

Abgesehen davon, dass dieser Satz sehr viel über Wegners Vorstellung der Rollenverteilung von Männern und Frauen auf dem Arbeitsmarkt aussagt, werden damit nun wirklich weder neue Wohnungen geschaffen noch die Mieten gesenkt. Im Gegensatz zum Enteignungs-Volksentscheid, durch den überhöhte Mieten durchaus gesenkt werden könnten, schaffen mehr WBS-Scheine vor allem eins: mehr Konkurrenz auf dem Sozialwohnungsmarkt.

Denn schon jetzt stehen in Berlin rund einer Million Mie­te­r*in­nen mit Anspruch auf einen WBS 104.757 Sozialwohnungen gegenüber – 4.519 weniger als vor einem Jahr. Auf eine Sozialwohnung kommen also zehn Berechtigte. Private Immobilienkonzerne mit Milliardensummen zu fördern, damit sie teure „Sozialwohnungen“ bauen, hilft da auch nicht.

Und so geriert sich der Regierende als der Mann mit großen Versprechen – die sich bei genauem Hinschauen als heiße Luft erweisen. So wie die Ankündigung, dass alle Ber­li­ne­r*in­nen bis Ende des Jahres innerhalb von zwei Wochen einen Termin beim Bürgeramt bekommen sollen. Wie das möglich sein soll? Unklar. Aber es klingt halt gut. So wie ein Gipfel gegen Jugendgewalt erst mal gut klingt, aber nichts bringt, wenn das Geld bei den Trägern nicht ankommt.

Statt aktionistische Scheinpolitik zu betreiben, wie in den ersten 100 Tagen ihrer Amtszeit, wäre Schwarz-Rot gut beraten, die Probleme nachhaltig anzugehen. Eine dauerhafte Sozialbindung von geförderten Wohnungen wäre ein erster Schritt. Die Umsetzung des Enteignungs-Volksentscheids ein zweiter. Wenn dann noch bezahlbarer Wohnraum geschaffen wird, klappt es vielleicht auch mit der funktionierenden Stadt und mehr Miteinander.

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Leiterin taz Berlin und Redakteurin für soziale Bewegungen, Migration und soziale Gerechtigkeit. Schreibt in ihrer Kolumne "Pöbelmanie" über Klassenkampf aus der Perspektive eines Kindes der Arbeiter*innenklasse. Hat politische Theorie studiert, ist aber mehr an der Praxis interessiert.

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