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Seltsam, an "Menschenexperimenten" an Homosexuellen stört man sich nicht.
Bei der ganzen Debatte zum vermeintlichen Kindeswohl fällt nicht ein Wort zum Wohl von homosexuellen Kindern und Jugendlichen!!!
Würde es WIRKLICH um das KIndeswohl gehen, dann würde man auch hierzu Stellung beziehen.
Tut man aber nicht. Die Gesellschaft scheint sich nicht daran zu stören, das homosexuelle Jugendliche in ihrem Umfeld und ihrer Entwicklung benachteiligt und ausgegrenzt werden, sich z.B. in einem religiösen Elternhaus nicht entfalten können und oft erst als Erwachsene erst den Selbstfindungsprozess durchleben können, wie es gleichaltrige heterosexuelle Jugendliche es selbstverständlich können!
Das "Experimente" an Seelen von jungen homosexuellen Menschen lange Zeit und heute noch geschehen (z.B. durch Erziehung eines fremden Weltbildes, welches die Existenz von Homosexualität ausblendet oder negativ darstellt), das scheint anscheindend in Ordnung zu sein.
Das in Zeiten, in denen immer weniger Menschen bereit sind für KInder zu sorgen, sich solche rechtfertigen müssen, die diese Bereitschaft auf sich nehmen, ist schon paradox.
jetzt kommt natürlich wieder das argument mit den "menschenexperimenten". ja, die sogenannten "versuche" (für die betroffenen sind es "familien") laufen schon ein paar jahrzehnte, solange gibt es nämlich schon kinder, die in homofamilien aufwachsen. und es gibt auch schon massenhaft seriöse wissenschaftliche untersuchungen dazu - auch langzeituntersuchungen - die belegen, dass die kinder sich vollkommen "normal" entwickeln. weil diese familien nichts wesentliches von anderen familien unterscheidet.
gleichgeschlechtliche paare ziehen ihre kinder nicht in einer isolierten blase auf - diese kinder haben wie alle anderen jede menge rollenvorbilder aller art, an denen sie ihre psychosexuelle entwicklung orientieren können.
es fehlt also nicht an positiven ergebnissen zu kindern in sogenannten regenbogenfamilien. es fehlt nur meistens am willen, diese wahrzunehmen.
Bitte keine Menschenexperimente.
Den Menschen definieren nicht allein gestaltgebende Gene und an den Verstand appelliernde Erziehung. Gerade während der Gehirnreifung der ersten Lebensmonaten und dann noch einmal verstärkt während des auch anatomischen Gehirnumbaus im Zuge der Pubertät spielen Prägungen eine wesentliche Rolle. Prägungen sind eine evolutionär sehr erfolgreiche Möglichkeit der individuellen Optimierung im Rahmen des genetisch Möglichen. Eine herausragende Rolle kommt dabei dem engen sozialen Umfeld zu, zum einen als Sparringsparter, zum anderen aber auch als soziale Unterstützer - wie gesagt nicht erst beim Jugendlichen sondern bereits beim Kleinkind. Da sich nun Männer und Frauen in vielen Alltagssituationen unterschiedlich verhalten, homosexuelle Männer und Frauen hier weitere Besonderheiten aufweisen, sind die Bedenken gegen die Adoption von Kindern durch homosexuelle Paare nicht ganz so einfach mit dem Hinweis auf Artikel 3, Absatz 1 des Grundgesetzes vom Tisch zu wischen.
Nur wer die Menschen in marxistischer Tradition auf Gene und Erzeihung reduziert wird hier kein Problem sehen. Als Anthropologe bin ich aber sehr gespannt, was diese Menschenexperimente für Ergebnisse bringen, in USA und Kanada laufen sie ja schon ein paar Jahre.
Richtig rund läuft es gerade nicht für den Finanzminister und FDPler Lindner. Günstig ist nur, dass auch die Koalitionspartner eine Lösung brauchen.
Kommentar Adoptionsverbot: Kühle Argumente für Kinder
Das Adoptionsverbot für homosexuelle Lebenspartnerschaften ist verfassungswidrig. Trotzdem gibt es weiterhin Bedenken.
Es wird vielen BürgerInnen dieses Landes, gleich welcher politischen Couleur, nicht wirklich gefallen, was die Grünen da angeschleppt haben: Das Adoptionsverbot für homosexuelle Lebenspartnerschaften ist nach einem Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags verfassungswidrig.
Die Argumentation ist kühl und klar. Ein "sachlicher Rechtfertigungsgrund" sei nötig, um die Eingetragene Lebenspartnerschaft nicht wie die Ehe zu behandeln. Und im Übrigen gälte schlicht Artikel 3, Absatz 1 des Grundgesetzes: "Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich."
Mit Sachlichkeit und kühlem Kopf haben die Bedenken gegenüber dem Adoptionsrecht für Homopaare jedoch wenig zu tun. Es handelt sich um ein Unbehagen, das sich aus Vorurteilen und einer diffusen Bedrohung heterosexuellen Selbstverständnisses zusammensetzt - die "wirkliche Familie" ist in dieser Lesart etwas Einzigartiges und Bewahrenswertes. Und die Adoption durch Homosexuelle sowohl für die Ehe als auch für das, was als "Kindeswohl" für eindeutig definierbar vorausgesetzt wird, eine Bedrohung.
Das alles ist so wenig haltbar wie der von CDU-Familienministerin Schröder befürchtete "Mangel für Kinder", der aus einer solchen Adoption entstehen könnte. Es gibt keinerlei empirische Befunde, die diese Annahmen stützen könnten.
Kühl festzustellen bleibt, dass die Union mit diesem Thema einen Blumentopf gewinnen kann, wenn sie stur bleibt. Aber Guido Westerwelle könnte anstatt auf Populismus zu setzen den Mut aufbringen, sich für eine wirklich unpopuläre Gesetzesänderung einzusetzen. Einen Blumentopf für Bürgerrechte könnte er gerade gut gebrauchen.
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Kommentar von
Martin Reichert
Redakteur taz.am Wochenende
* 21. Februar 1973 in Wittlich; † 26. Mai 2023 in Berlin, war Redakteur der taz am Wochenende. Sein Schwerpunkt lag auf gesellschaftlichen und LGBTI-Themen. Er veröffentlichte mehrere Bücher im Fischer Taschenbuchverlag („Generation Umhängetasche“, „Landlust“ und „Vertragt Euch“). Zuletzt erschien von ihm "Die Kapsel. Aids in der Bundesrepublik" im Suhrkamp-Verlag (2018). Martin Reichert lebte mit seinem Lebensgefährten in Berlin-Neukölln - und so oft es ging in Slowenien