Kommentar Bioskandale: Langsam reißt der Geduldsfaden

Pünktlich zur Messe Biofach gibt es neue Skandale in der Ökobranche. Wenn diese so weitermacht, verliert sie sogar ihre treuesten Anhänger.

Ein Einkaufswagen voller Bio-Produkte.

Der Bio-Einkaufskorb ist voll – aber zu welchem Preis? Foto: dpa

Ab Mittwoch wird sich die Biobranche wieder in den schönsten Farben präsentieren. Erneut haben die Deutschen mehr Öko-Lebensmittel gekauft, werden Lobbyisten auf der Messe BioFach in Nürnberg verkünden. Doch die Branche hat jede Menge Leichen im Keller.

Eine der Leichen ist zum Beispiel die Verbrauchertäuschung der Ökoanbauverbände Bioland und Biokreis in Sachen Medikamenteneinsatz. Beide Organisationen haben ihren Mitgliedern – zu Recht – verboten, für die Menschen besonders wichtige Antibiotika zu verwenden. Der Einsatz im Stall trägt dazu bei, dass Krankheitskeime resistent gegen diese „Reserveantibiotika“ werden. Aber in der Praxis tolerieren die Verbände einfach Verstöße. Darauf angesprochen, tun sie sogar noch so, als sei die Medikamentengabe kein Verstoß gegen ihre Richtlinien. Dabei sind die Regeln glasklar. Für wie dumm halten die Biomanager ihre Kunden eigentlich?

Die Leichen, das sind auch die immer wiederkehrenden Betrugsskandale mit Importware. Jetzt ist aufgeflogen, dass erneut Hunderte Tonnen Biofutter aus Rumänien gar nicht öko waren. Sie wurden mit Pestiziden und Mineraldüngern angebaut, die in der Bio-Landwirtschaft verboten sind.

Dass die rumänische Biobranche ein riesiges Korruptionsproblem hat, ist seit Langem bekannt. Das Land war in fast alle großen Skandale der vergangenen Jahre verwickelt. Die EU-Kommission hat gravierende Mängel bei der rumänischen Biokontrolle bemängelt. Trotzdem importieren deutsche Futtermühlen munter weiter dubiose Ware aus dem Balkanland. Hauptsache, billig.

Die Konsequenz sollte sein: Bioland und Biokreis müssen ihre Medikamentenverbote konsequent durchsetzen – oder sie streichen. Ware aus Rumänien ist grundsätzlich zu meiden, bis das Land endlich glaubwürdig beweist, dass es seine Biokontrolle genügend reformiert hat. Denn langsam reißt auch den überzeugtesten Biofans der Geduldsfaden.

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Jahrgang 1974. Er schreibt vor allem zu Ernährungsfragen – etwa über Agrarpolitik, Gentechnik, Pestizide, Verbraucherschutz und die Lebensmittelindustrie. 2022 nominiert für den Deutschen Reporter:innen-Preis 2022 in der Kategorie Essay, 2018, 2017 und 2014 Journalistenpreis "Grüne Reportage". 2015 "Bester Zweiter" beim Deutschen Journalistenpreis. 2013 nominiert für den "Langen Atem". Bevor er zur taz kam, war er Redakteur bei der Nachrichtenagentur Reuters und Volontär bei der Süddeutschen Zeitung.

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