Kommentar Erbschaftsteuer: Karlsruhe glaubt an Märchen

Die Steuerfreiheit für Unternehmenserben soll verhindern, dass Arbeitsplätze gefährdet werden. Das ist ideologischer Quatsch.

Hat das Urteil verlesen: der Erste Senat des Verfassungsgerichts. Bild: dpa

In Deutschland werden keine Gesetze für die Reichen gemacht. Stattdessen werden in Deutschland Gesetze zum Schutz von Arbeitsplätzen gemacht – was aber oft auf das Gleiche hinausläuft, weil Unternehmer privilegiert und gehätschelt werden, damit sie die Lust an ihrem Unternehmen nicht verlieren. Der Konflikt um die Erbschaftsteuer, den jetzt das Bundesverfassungsgericht entschieden hat, ist dafür ein gutes Beispiel.

Die Steuerfreiheit für Unternehmenserben wird damit begründet, dass das Bezahlen der üblichen Erbschaftsteuer in der Regel Arbeitsplätze gefährde. Entweder der Familienunternehmer müsse seinen Betrieb an einen bösen Konzern verkaufen, weil er nur so die Steuer finanzieren kann, oder zumindest werde dem Unternehmen so viel Liquidität entzogen, dass es nicht mehr richtig investieren kann und deshalb ins Trudeln gerät.

Was für ein ideologischer Quatsch! Die Nachfahren von Unternehmern erben doch nicht nur das Unternehmen, sondern auch Häuser, Wertpapiere, Autos, Kunst und Schmuck. Oft sind sie sogar schon vor dem Erbfall reich. Werte, um die Erbschaftsteuer zu bezahlen, sind in aller Regel genug da. Liquiditätsprobleme für das Unternehmen gibt es nur, wenn der Unternehmensspross keine Lust hat, das ererbte Mietshaus zu verkaufen. Die Steuerfreiheit für Unternehmenserben schützt also nur scheinbar das Unternehmen und seine Arbeitsplätze. Noch viel mehr schützt es die Familienjuwelen, Luxussportwagen und Aktienpakete der Unternehmenserben.

Auch das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil die Lobbymärchen der drohenden Liquiditätsengpässe zugrunde gelegt. Schließlich seien die Reichtümer der Reichen noch nicht genug erforscht, um Gefahren für die Arbeitsplätze sicher ausschließen zu können.

Nach dieser Fehlentscheidung blieb den Richtern für den Rest des Urteils kaum mehr als etwas Sozialkosmetik – um wenigstens die Akzeptanz der Steuergeschenke zu sichern.

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