Kommentar Macron zu Gelbwesten: Zynisches Weihnachtsgeschenk

Präsident Macron verspricht den protestierenden Bürgern Frankreichs mehr Lohn. Der Haken dabei: Das Geschenk soll aus Steuern finanziert werden.

Macron am Schreibtisch im Elysee-Palast

Im Fernsehen gab Macron den „Papa Noel“ – mit fragwürdigen Geschenken für die Gelbwesten Foto: dpa

Hoffentlich glauben die französischen WutbürgerInnen in den gelben Warnwesten nicht mehr an den Weihnachtsmann. Sonst müssen sie heute sehr enttäuscht sein. Emmanuel Macron alias „Papa Noël“ verspricht diesen Landsleuten per Fernsehansprache eine tolle Bescherung, obschon sie ja wirklich nicht brav waren.

Doch statt ihnen die traurige Wahrheit zu sagen, dass er nämlich so gut wie pleite ist, zaubert er aus seinem Sack prächtig verpackte Geschenke hervor für die Armen, die Witwen und Entrechteten… Er hat ein rührendes Wort für alle Zukurzgekommenen. Das kostet ebenso wenig wie ein bisschen Reue. Ob diese Masche der Anbiederung noch ankommt, ist eine andere Sache.

Beim Auspacken der Gaben kommen den Beglückten wahrscheinlich schnell erste Zweifel. Macron stellt ihnen eine sofortige Kaufkraftsteigerung ab Januar 2019 in Aussicht – wie von den „Gilets jaunes“ gefordert. Doch was bedeutet es, wenn eine Erhöhung des Minimallohns um 100 Euro im Monat nicht von den Arbeitgebern beglichen wird oder dass die Unternehmen für die steuerfreien Überstunden keine Sozialkosten haben?

Die Rechnung geht an die Steuerzahlenden und an das öffentliche Sozialversicherungssystem. Die dicken Freunde des „Präsidenten der Reichen“, wie Macron nicht grundlos heißt, müssen dagegen keinen Centime mehr abgeben.

Konfliktlösung nach dem Verursacherprinzip

Generös stellt Macron so einen ungedeckten Scheck aus. Er versucht sich den sozialen Frieden zu erkaufen – zu Lasten der bereits hoch verschuldeten Staatskasse. Bezahlen werden am Ende mit ihren Steuern jene Bürger und Bürgerinnen, die heute gegen die zu hohe und ungerecht verteilte Steuerlast revoltieren. Die fragwürdige Logik dabei: Wer ein Entgegenkommen verlangt, soll anschließend selber dafür aufkommen!

Falls der Staatshaushalt nicht ganz aus dem Lot geraten soll, müssen -wie dies der Wirtschaftsminister schon längst ankündigt – die öffentlichen Ausgaben gekürzt werden. Was eine solche Sparpolitik für sie bedeutet, wissen vor allem die Leute in den ländlichen Gebieten, die schon heute immer weniger Zugang zu den öffentlichen Diensten und Infrastrukturen haben und deswegen seit Mitte November mit ihren gelben Westen gegen „die da oben“ in Paris demonstrieren.

In Macrons Konfliktlösung bekommen nach dem „Verursacherprinzip“ letztlich die Aufbegehrenden die gesalzene Rechnung für die Beendigung ihrer Revolte. Das ist fast zu zynisch, um wahr zu sein.

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Frankreich-Korrespondent der taz seit 2009, schreibt aus Paris über Politik, Wirtschaft, Umweltfragen und Gesellschaft. Gelegentlich auch für „Die Presse“ (Wien) und die „Neue Zürcher Zeitung“.

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