Kommentar Reform der Betriebsrenten: Zu viel Klein-Klein

Es ist ein Gesetz, das nicht leistet, was es müsste: die Angst vor dem Alter zu verringern. Warum fällt es der SPD so schwer, das zu verstehen?

Eine Baustelle. Zwei Arbeiter auf einem Stahlgeflecht

Kein rundes Ding. Am meisten bringt die Neuregelung für Facharbeiter – aber nur, solange die Finanzmärkte nicht angreifen Foto: dpa

Zwei Tage, drei Meldungen: Ein Gutachten des Mieterbundes schätzt, dass mangels Kontrolle der Mietpreisbremse Vermieter jährlich 310 Millionen Euro unberechtigterweise abkassieren. Emnid sieht die SPD nur noch bei 25 Prozent, 8 Prozentpunkte niedriger als im April. Am Montag stellte Andrea Nahles ihr Betriebsrentenkonzept vor.

Es soll der große rentenpolitische Wurf der Bundesregierung sein. Teile der Gewerkschaften haben lange für den Ausbau der Betriebsrenten gekämpft. Nachdem der Ausgleich für das Sinken des staatlichen Rentenniveaus über die private Riester-Rente gescheitert ist, sollen diese die Rente der Beschäftigten halbwegs sichern. Am Ende ist es ein typischer Kompromiss geworden: Manches wird schlechter – die Arbeitgeber müssen die Rentenhöhe nicht mehr garantieren. Sie wird den Schwankungen der Finanzmärkte überlassen. Manches besser – Betriebsrenten werden nicht mehr komplett auf die Grundsicherung angerechnet.

Es ist ein Gesetz, das nicht leistet, was es müsste, um sich in Wählerstimmen auszuzahlen: die Angst vor dem Alter zu verringern. Man muss die drei Meldungen vom Sonntag und Montag zusammen lesen: Der Teil der Betriebsrenten, der nicht mehr auf die Grundsicherung angerechnet wird, dürfte vor allem in den Großstädten angesichts der steigenden Mieten oft komplett in Vermieterhände wandern. Der Staat subventioniert über seine Steuervorteile für Betriebsrenten nicht Armutsrenter, sondern Vermieter.

Am meisten bringt die Neuregelung für Facharbeiter und Angestellte – aber nur, solange die Finanzmärkte deren Betriebsrente nicht angreifen.

Das ist viel Klein-Klein, mit dem sich weder mobilisieren noch Angst nehmen lässt. Warum fällt es der SPD so schwer, das zu verstehen? Es ist Ende Mai, und bis jetzt weiß die Partei nicht mal, ob sie Rente oder Mieten zum Schwerpunkt in Koalitionsverhandlungen machen will.

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Von 2018 bis 2020 taz-Parlamentskorrespondent. Zuvor von 2013 bis 2018 Leiter der taz-Inlandsredaktion, von 2012 bis 2013 Redakteur im Meinungsressort. Studierte Politikwissenschaft in Berlin, danach Arbeit als freier Journalist für Zeitungen, Fachzeitschriften und Runkfunkanstalten, Pressesprecher eines Unternehmensverbands der Solarindustrie und Redakteur der Blätter für deutsche und internationale Politik.

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