Kommentar italienische Regierung: Scheinriese Monti
Die Übergangsregierung von Mario Monti ist stark wie selten. Ohne Neuwahlen könnten sich in Italien allerdings ideale Bedingungen für populistische Propaganda entwickeln.
Selten war eine Regierung Italiens so stark wie die von Mario Monti. Der neue Premier und Wirtschaftsminister hat mehr als 500 der 630 Abgeordneten hinter sich. Diese Stärke scheint Monti ausspielen zu wollen: Schon kündigte er an, er stehe keiner Regierung auf Zeit vor, sondern wolle bis Ende der Legislaturperiode im Frühjahr 2013 im Amt bleiben.
Aus dem Lager von Silvio Berlusconi heißt es dagegen kampfeslustig, man könne dem Neuen "jederzeit den Stecker rausziehen". Monti sei berufen, den Notstand zu überwinden - mehr nicht. Diesmal kann man dem Expremier kaum widersprechen: Monti ist in der gegenwärtigen Situation die einzig mögliche Lösung.
Sofortige Neuwahlen hätten zu einem Machtvakuum von mindestens vier Monaten geführt und das Land in den Ruin gestürzt. Doch das ändert nichts daran, dass Neuwahlen der einzig Weg aus der Krise sind. Eine Technokratenregierung ohne Politiker, ein Parlament quasi ohne Opposition - das ist meilenweit entfernt von der demokratischen Normalität, zu der Italien sofort zurückkehren muss, sobald die akute Krise überwunden ist.
ist Italien-Korrespondent der taz.
Geschieht dies nicht, dann könnte die Freude über den Abschied des Populisten Berlusconi verfrüht gewesen sein. Denn die Banken- und Vatikan-nahen Professoren in Montis Kabinett bilden eine ideale Folie für populistische Propaganda - gerade wenn sie Richtiges anpacken, etwa die Besteuerung großer Vermögen.
Die rechtspopulistische Lega Nord, die als einziger Teil der bisherigen Berlusconi-Regierung in die Opposition gehen will, läuft sich schon warm, um politisches Kapital aus ihrer neuen Rolle zu schlagen. Auch offener Separatismus dürfte bald wieder zu ihrer Rhetorik gehören. Diese Offensive lässt sich nur stoppen, indem die Bürger Italiens schnellstmöglich gefragt werden, wer sie regieren soll.
Kommentar italienische Regierung: Scheinriese Monti
Die Übergangsregierung von Mario Monti ist stark wie selten. Ohne Neuwahlen könnten sich in Italien allerdings ideale Bedingungen für populistische Propaganda entwickeln.
Selten war eine Regierung Italiens so stark wie die von Mario Monti. Der neue Premier und Wirtschaftsminister hat mehr als 500 der 630 Abgeordneten hinter sich. Diese Stärke scheint Monti ausspielen zu wollen: Schon kündigte er an, er stehe keiner Regierung auf Zeit vor, sondern wolle bis Ende der Legislaturperiode im Frühjahr 2013 im Amt bleiben.
Aus dem Lager von Silvio Berlusconi heißt es dagegen kampfeslustig, man könne dem Neuen "jederzeit den Stecker rausziehen". Monti sei berufen, den Notstand zu überwinden - mehr nicht. Diesmal kann man dem Expremier kaum widersprechen: Monti ist in der gegenwärtigen Situation die einzig mögliche Lösung.
Sofortige Neuwahlen hätten zu einem Machtvakuum von mindestens vier Monaten geführt und das Land in den Ruin gestürzt. Doch das ändert nichts daran, dass Neuwahlen der einzig Weg aus der Krise sind. Eine Technokratenregierung ohne Politiker, ein Parlament quasi ohne Opposition - das ist meilenweit entfernt von der demokratischen Normalität, zu der Italien sofort zurückkehren muss, sobald die akute Krise überwunden ist.
Michael Braun
ist Italien-Korrespondent der taz.
Geschieht dies nicht, dann könnte die Freude über den Abschied des Populisten Berlusconi verfrüht gewesen sein. Denn die Banken- und Vatikan-nahen Professoren in Montis Kabinett bilden eine ideale Folie für populistische Propaganda - gerade wenn sie Richtiges anpacken, etwa die Besteuerung großer Vermögen.
Die rechtspopulistische Lega Nord, die als einziger Teil der bisherigen Berlusconi-Regierung in die Opposition gehen will, läuft sich schon warm, um politisches Kapital aus ihrer neuen Rolle zu schlagen. Auch offener Separatismus dürfte bald wieder zu ihrer Rhetorik gehören. Diese Offensive lässt sich nur stoppen, indem die Bürger Italiens schnellstmöglich gefragt werden, wer sie regieren soll.
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Kommentar von
Michael Braun
Auslandskorrespondent Italien
Promovierter Politologe, 1985-1995 Wissenschaftlicher Mitarbeiter an den Unis Duisburg und Essen, seit 1996 als Journalist in Rom, seit 2000 taz-Korrespondent, daneben tätig für deutsche Rundfunkanstalten, das italienische Wochenmagazin „Internazionale“ und als Wissenschaftlicher Mitarbeiter für das Büro Rom der Friedrich-Ebert-Stiftung.