Kommentar zu Sexismus auf Comicfestival: Ängstliche Kultur-Machos

Die Nichtberücksichtigung von Frauen bringt eine unerlässliche Debatte wieder in Gang. Doch es braucht auch politischen Druck.

Ein Frau mit blau-rot-weißen Haaren hält einen Baseballschläger in der Hand

Frauen sind nicht nur Comicfans wie hier auf der Comic Con, sondern auch Autorinnen und Zeichnerinnen. Foto: dpa

Können Frauen nicht zeichnen? Diese absurde Frage könnte man mit gespielter Naivität stellen, wenn ein international renommiertes Comicfestival unter 30 Kandidaten für den Grand Prix keine einzige Frau nominiert. Gerade so, als gäbe es keine mindestens ebenso talentierten Zeichnerinnen. Nicht weniger empörend ist die Art und Weise, wie sich die Organisatoren nachträglich noch halbwegs entschuldigend herausreden wollen: Den Zeichnerinnen fehle halt die Anerkennung …

Der Sexismus-Skandal beim internationalen Comicfestival von Angoulême hat etwas Positives an sich: Er bringt in Frankreich (und wegen des internationalen Echos auch anderswo) eine unerlässliche Debatte wieder in Gang, die nicht nur diese Sparte des Kulturbetriebs betrifft. „Wer hat in der Kultur Angst vor Frauen?“, hatte 2013 die damalige Ministerin für Chancengleichheit und Frauenrechte, Najat Vallaud-Belkacem, provozierend die Machos in der Kultur gefragt.

Die Zahlen sprachen schon damals für sich und haben sich seither nur wenig geändert: 88 Prozent der staatlichen Theater und Ballette wurden von Männern geleitet, nur 3 Prozent der Orchester wurden von Frauen dirigiert, nur etwa ein Viertel der subventionierten Filme von Regisseurinnen realisiert. Und so weiter.

Vallaud-Belkacem hatte mit ihrem Vorstoß auf einen Diskussionsbeitrag in der Tageszeitung Libération geantwortet, in dem das Bestreben, Frauen durch Paritätsregeln zu fördern, als frauenfeindlich verurteilt wurde. Dieses Argument ist so alt wie abgenutzt. Denn fromme Wünsche helfen da ganz einfach nicht. Es braucht konkrete Maßnahmen, notfalls gesetzliche Auflagen.

Und vor allem politischen Druck. Auch Paritätsgesetze (wie sie in Frankreich in der Politik für geschlechtlich gleichberechtigte Wahllisten existieren) wären im Kulturbetrieb diskutabel – nicht aber eine sexistische Diskriminierung aus Trägheit und Desinteresse wie in Angoulême.

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Frankreich-Korrespondent der taz seit 2009, schreibt aus Paris über Politik, Wirtschaft, Umweltfragen und Gesellschaft. Gelegentlich auch für „Die Presse“ (Wien) und die „Neue Zürcher Zeitung“.

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